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Zum Hochschulgesetz:

Altes verlassen, Neues beginnen.

„Die Geschichte ist gründlich und macht viele Phasen durch, wenn sie eine alte Gestalt zu Grabe trägt. Die letzte Phase einer weltgeschichtlichen Gestalt ist ihre Komödie. Die Götter Griechenlands, die schon einmal tragisch zu Tode verwundet waren im gefesselten Prometheus des Äschylus, mußten noch einmal komisch sterben in den Gesprächen Lucians. Warum dieser Gang der Geschichte? Damit die Menschheit heiter von ihrer Vergangenheit scheide. Diese heitere geschichtliche Bestimmung vindizieren [Anspruch erheben] wir den politischen Mächten Deutschlands.“

Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, 1844 (MEW 1, S. 382).

Kritik ist das Ferment jeder Wissenschaft. Veränderung soll Verbesserung sein, also Reform. So sollten Politik und Wissenschaft im praktizierten Idealfall zusammenwirken.

Der von Wissenschaftssenatorin Stapelfeldt vorgelegte Entwurf für eine Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes ist veränderungsbedürftig. Immer noch soll ein aufreibendes BWL-Regime gegen besser Erkanntes und Erkämpftes fortgesetzt werden: Unter einem fragwürdigen Hochschulrat und behördlichen Vorgaben soll ein Präsident autokratisch walten, derweil Lehrende und Studierende fortgesetzt nach abstrakten Kennzahlen und Noten strampeln sowie die Verwaltung sie überwache. Das mag der Handelskammer gefallen.

Die Hochschulen sind jedoch längst dabei, sich schrittweise neoliberaler Zumutungen zu entledigen: mit der Abschaffung der Studiengebühren, der demokratischen Überwindung des Ba/Ma-Elends, mit Regulierung der Konkurrenz um knappgehaltene Mittel, mit heiterem Abschied von ruhmsüchtigen Exellenz-Inszenierungen und kritischer Distanz zur technokratischen Forschungslenkung geht es um eine neue humane Produktivität.

Bester Ausdruck dessen ist ein in allen Fakultäten derzeit gründlicher Prozeß der Erarbeitung von Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf: Abgelehnt wird die erzwungene Marktförmigkeit im Hochschulalltag, gefordert die Übereinstimmung mit den ersten Artikeln des Grundgesetzes (Würde! Freiheit! Gleichheit!), beansprucht wird ein Studium als Bildung zur mündigen Gesellschaftsgestaltung, befürwortet wird Forschung als kritisch-analytische Reflexion der großen und kleinen Entwicklungsaufgaben der Menschheit.

Daß dies besonders kollegialer, möglichst egalitärer und demokratischer Strukturen bedarf, ist offenkundig.

Dazu sollten kommen: soziale Offenheit, gesicherte Arbeitsverhältnisse, Zeit zur produktiven Vertiefung, Ermutigung zur Kritik, zu Engagement und zum Beschreiten aussichtsreicher Pfade. Es ist jetzt an den Hochschulen und ihren Mitgliedern, dies in kritischem öffentlichen Diskurs mit Bürgerschaft und Regierung zu verwirklichen.

Der Akademische Senat hat die Möglichkeit, selbst Akteur dieser humanen Entwicklung zu sein. Dazu gehört, den wohlbegründeten Forderungen der Universitätsmitglieder eine gemeinsame Pointe zu geben: Hochschulgesetz und -politik sollen Bildung, Forschung, Lehre und Selbstverwaltung fördern – für intelligente Solidarität und aufgeklärte Kooperation zum globalen Zivilisationsfortschritt. Wenn dies heiter gelingt, ist es nicht schädlich.