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Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes:

Die Bremse lösen!

„Autonome und sich dem Wettbewerb stellende Hochschulen als Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen benötigen moderne, partizipative Entscheidungsstrukturen, mit einem klar abgegrenzten Kompetenzgefüge und sich ergänzenden Aufgaben.“

Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts, Begründung, Bürgerschaftsdrucksache 20/10491, S. 1.

„Ein Werk, das der Realität gegenüber keine Souveränität zeigt und dem Publikum der Realität gegenüber keine Souveränität verleiht, ist kein Kunstwerk.“

Bertolt Brecht, „Notizen zur Arbeit – (2) Über die Ästhetik“, ca. 1939.

Die Menschheit kann nur gemeinsam und kooperativ gut leben; die kulturellen, wissenschaftlichen und materiellen Potentiale dafür sind vorhanden. Kriege und Elend sind zu beenden. Eine Hochschulreform auf Höhe der Zeit sollte diese Aufgaben positiv beantworten: Humanität und Wahrheit kennen keine Grenzen. Wissenschaft für den Frieden.

Doch der Hamburger SPD-Senat hat Schwierigkeiten, sich von den Hinterlassenschaften der neoliberalen Ära („Unternehmerische Hochschule“) zu lösen. Seine Versuche, die begründeten Forderungen aus Hochschulen und Gesellschaft nach einer humanistischen Wende der Wissenschaftspolitik zu integrieren, bleiben bisher dürftig: Der geringfügige Ausbau von Partizipation für die Hochschulmitglieder (Mitbestimmung auch auf Fachbereichsebene oder stärkere Wahl- und Mitsprache der demokratischen Gremien) schafft noch keine vertrauensvolle, erkenntnisfördernde, lernfreudige und weltoffene Kultur. Diese ist aber für die Steigerung der Rationalität erforderlich.

Stattdessen sollen wir weiter im Schlick des Hochschulmodernisierungsgesetzes (2003 von CDU/FDP/ Schill-Partei gegen massive hochschulische Opposition durchgedrückt) waten. Problematisch sind z.B. der Erhalt und Aufwertung des Hochschulrates (= direkte Beteiligung von Großunternehmen) in der finanziellen Hochschulsteuerung, das exklusive Vorschlagsrecht eines Kandidaten durch eine Findungskommission bei der Wahl des Präsidenten und die Forcierung betriebswirtschaftlicher Lenkung (mehr „leistungsorientierte“ Mittelzuweisung respektive „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“). Völlig unnötig wird auch – im Gegensatz zu der aufgeklärten Revision von „Bologna“ in den Hochschulen – am selektiven Übergang von „Ba“ zu „Ma“ geklammert. Trotz Abschaffung der Fristenregelung soll sogar die positive Reformbewegung mit der Verschärfung von Notendruck und Zwangsexmatrikulation ausgebremst werden.

Dagegen ist die kooperative, persönliche Entfaltung im Einklang mit einer wahrhaft demokratischen Entwicklung von Hochschule und Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Der nun beginnende Prozeß bürgerschaftlicher Gesetzesdiskussion schafft mit zahlreichen Ausschuß- und Plenumsberatungen sowie einer öffentlichen und einer Expertenanhörung zahlreiche Anlässe, gemeinsam gebildete Positionen für echte Verbesserungen zu vertiefen und nachdrücklich zur Geltung zu bringen. Alle sind zur Mitwirkung aufgerufen.