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Die Ratlosigkeit der Regierenden nutzen

„Ein Werk, das der Realität gegenüber keine Souveränität zeigt und dem Publikum der Realität gegenüber keine Souveränität verleiht, ist kein Kunstwerk.“

Bertolt Brecht, „Notizen zur Arbeit – (2) Über die Ästhetik“, ca. 1939.

„Andre Zeiten, andre Vögel!
Andre Vögel, andre Lieder!
Sie gefielen mir vielleicht,
Wenn ich andre Ohren hätte!“

Heinrich Heine, „Atta Troll“, Caput XXVII, 1842.

Die gesellschaftliche Schädlichkeit wirtschafts-liberaler Doktrin ist durch die soziale Realität und nachdrückliche Opposition umfassend deutlich geworden. Die Alternative zum zivilisatorischen Verfall ist, eine neue Aufklärungs- und Emanzipationsetappe einzuleiten. Das betrifft auch die Hochschulen, die Wissenschaften und die Künste.

Noch amtiert Herlind Gundelach als Senatorin „für“ Wissenschaft und Forschung. Sie sollte den Kurs des smarten Bertelsmannes Jörg Dräger fortsetzen; sie ist gleich ihm gescheitert: Die Studiengebühren mußten gesenkt werden und finden trotzdem keine Akzeptanz; mit sinnvollem Studium und didaktisch vernünftiger Lehre hat die bürokratische Senatorin nichts am Hut. Auch die Hafen-City-Universität (HCU) – zur Zerstörung sinnvoller Strukturen und gegen die Arbeit der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), für bildende Künste (HfbK) und die Technische Universität (TUHH) konstruiert – kommt weder baulich noch wissenschaftlich zustande. Das antidemokratische Hochschulgesetz ihres Vorgängers ist auf dem Prüfstand. Gänzlich diskreditiert hat sich die spröde Technokratin alter Schule mit der finanziell phantasmagorischen und unaufgeklärten Absicht, die demokratische Massenuniversität Hamburg auf eine Elbinsel zu packen. Dennoch werden die Hochschulen nach wie vor von der Behörde mit kleinlichem Bürokratismus und feudal anmutender Art (zusammen: „Management“) behandelt, sei es qua Durchsetzung eines kaufmännischen Rechungswesens, durch die beabsichtigte Einführung der unsäglichen „STiNE“ an allen Hochschulen, durch rotstiftgezeichnete Verwaltungshierarchisierung, die (geplante) Erhöhung der Lehrverpflichtung oder durch direkte Verbote einer – rechtlich möglichen – sozialeren Ausgestaltung der Gebührenerhebung.

Kann eine hochschulpolitische „Bilanz“ verheerender sein?

In CDU-Kreisen wird gemunkelt, daß die Senatorin nach der Bundestagswahl abzulösen sei. Vermeiden wollen die beunruhigten Konservativen, daß das Desaster ursächlich und konsequent bekämpft wird. Die Regierungslinie der direkt umgesetzten Wünsche der Handelskammer soll grundsätzlich fortgesetzt werden. Das wird immer schwieriger.

Wie also kann die durch oppositionelles Wirken begünstigte Universität neue nützliche Souveränität erlangen?

Eine verdrängte Tatsache sollte zunehmend aktualisiert werden: Veränderungen können auch Verbesserungen sein! Bewußte kooperative Aktionen mit befreiender Absicht sind die Voraussetzung dafür und gehören nicht der tiefen Vergangenheit an. Die restlose Abkehr von betriebswirtschaftlichen Glaubenslehren in Wissenschaft und Selbst-Verwaltung sollte die neue Etappe einleiten. VielSchnellHochWeitStarkSpitzeGlanzundHetze ist wohl kaum ein humanes Kriterium für den gesellschaftlichen Sinn von Universität. Stattdessen sollte eine eingreifende Friedensorientierung in Wissenschaft, Bildung und Selbstverwaltung als konstruktive, analytische Leitlinie positiv wirken: Zivile Entwicklung ist die Überwindung von Krieg bzw. Konkurrenz. Die (ökonomische) Benutzung des Menschen durch den Menschen findet ihr Gegenteil in kooperativer Entfaltung mündiger Subjekte. Auch die notgetriebene Flickschusterei (z.B. am und im Ba/Ma-System) kann durch solidarische Verständigung über die Übel, über eigene Ansprüche und zu realisierende Veränderungen überschritten werden. Politik muß nicht schmutzig, Wissenschaft muß nicht käuflich und Bildung muß kein In-put-out-put sein. Die Alternative liegt auf der Hand.