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„Der Forschung, der Lehre, der Bildung“ – für Alle! Die Universität muß sich neu positionieren

„Die leitenden Staatsmänner und Generale übernehmen ›die Verantwortung‹ für das Schicksal, das sie den Völkern auferlegen. [...]
Und in der Tat haben jederzeit die Verantwortlichen auch nur dann die Konsequenz aus ihrer Übernahme der Verantwortung ziehen müssen, wenn das Volk Geschichte gespielt hat.“

Alfred Polgar, „Verantwortung“, 1919.

Jüngst tagte der Akademische Senat (AS) das erste mal ohne die konservative Ex-Präsidentin. Kommunikative Verbesserungen im Verhältnis zwischen AS und Präsidium, eine erhöhte Diskussions- und Mitteilungsbereitschaft waren erkennbar. Dennoch hat die Auswertung der Uni-Krise und die Debatte zur Einsetzung des Dekans der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Hans-Martin Gutmann, unter Ausschluß der vorwiegend studentischen Öffentlichkeit stattgefunden. Im Stillen wurden die universitären Mitglieder der Findungskommission für die neue Uni-Leitung eingesetzt, es wurden keine verallgemeinerbaren Kriterien für dieses Amt diskutiert und mit knapper Mehrheit wurde gegen eine Solidaritätsbekundung für den Deform-Kritiker votiert. Der Gnom der Konkurrenzfähigkeit hockt auf dem Tisch und grinst noch dreist in besorgte Gesichter. Man muß ihn vertreiben.

Am deutlichsten ist die Kontroverse um die weitere Entwicklung in der Debatte um den Struktur- und Entwicklungsplan (STEP) zutage getreten. Hierin wird in der Vorlage des (alten) Präsidiums formuliert: „Die Universität Hamburg wird ihr Engagement im Wissens- und Technologietransfer in den nächsten Jahren deutlich ausbauen. Dabei geht es vorrangig um eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Groß- sowie Klein- und mittelständischen Unternehmen aus Industrie, Handel, Handwerk und dem Dienstleistungssektor.“ Damit liegt dieser STEP auf der Linie der desaströsen Politik der CDU-Senate, die sämtliche Regungen in Universität und Stadt der privaten Ökonomie unterordnen will. Entgegen anderer Verlautbarungen ist deshalb im STEP auch erkennbar, daß die Universität genauso unterfinanziert bleiben soll, wie sie es seit Jahren ist. In Folge dessen sollen eher gesellschaftkritische Fächer bzw. Stellen (z.B. Kriminologie, Rechtssoziologie, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte oder Kulturgeographie) gestrichen werden. (Allerdings haben die demokratisch stärker engagierten Fakultäten Geisteswissenschaften, Rechtswissenschaft und Erziehungswissenschaft/Psychologie/Bewegungswissenschaft dennoch auf sozial verantwortliche Impulse für Forschung und Lehre wert gelegt.) Die Studiengebühren werden schamlos zur Finanzierung von Haushaltslöchern herangezogen und die Trennung von Forschung und Lehre sowie die Aufblähung der Zentralverwaltung sind weitere Absichten, gegen die zu opponieren ist. Dafür kann man sich auf das Leitbild der Universität stützen: „Im Bewußtsein ihrer Verantwortung als Teil der Gesellschaft versteht sich die Universität Hamburg als Mittlerin zwischen Wissenschaft und Praxis, sie orientiert sich dabei an den Grundsätzen einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung.“

Eine gesellschaftlich vernünftige und kulturell sinnvolle Entwicklung gelingt nur, wenn der Maßstab nicht der partikulare Vorteil gegenüber anderen Einrichtungen, Arbeitsbereichen oder Kollegen ist, sondern Allen förderliche Erkenntnisse gewonnen und verbreitet werden sollen. Aus diesem Inhalt wird auch eine humane Praxis der Zusammenarbeit gebildet. Der erneuten geschichts- und bewußtlosen neoliberalen Forderung nach einer Zerschlagung der Universität in kleine konkurrierende Bildungsunternehmen ist so ebenfalls souverän zu begegnen. Auch die von der Wissenschaftssenatorin Gundelach (CDU) angekündigte Verschleppung der Univerlagerungsdiskussion auf einen Zeitpunkt nach der Neubesetzung des Präsidentenamts, die dem Hinauszögern unverzichtbarer Verbesserungen am derzeitigen Campus dient, muß nicht hingenommen werden.

Der AS will sich im September mit seinen Forderungen zur demokratischen Änderung des Hochschulgesetzes und einer Stellungnahme zu den Uni-Verlagerungsplänen befassen. Hier wird Gelegenheit sein, der Politik der ökonomistischen Zurichtung eine klare Absage zu erteilen. Diese hochschulöffentliche Sitzung bietet die Gelegenheit zu einer positiven universitären Wende.

Auch Frau Gundelach ist nicht mehr zeitgemäß.