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In historischem Bewußtsein: Verändern!
„Demokratie ist Denken; aber es ist ein dem Leben und der Tat verbundenes Denken, sonst wäre es nicht demokratisch, und eben hierin ist die Demokratie neu und modern.“
Thomas Mann, „Vom kommenden Sieg der Demokratie“, 1938.
Der Maler Edvard Munch schuf mit seinem Gemälde „Der Schrei“ 1910 ein Bildnis verzweifelter Entfremdung des Menschen im „Fin de Siècle“. Der Erste Weltkrieg war nicht fern, aber noch abzuwenden. Die Krise der Zivilisation ist seither nicht überwunden. Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß das Bild jüngst für 120 Millionen Dollar den Besitzer wechselte. Ein erstaunliches Phänomen der Dekadenz ist, daß selbst ihre Kritik hohen Marktwert erzielt.
Dennoch sind Bezahlen und Besitzen einerseits und andererseits Verstehen und Verändern immer mehr gründliche Gegensätze. Nützliche Arbeit, kritische Philosophie und aufklärende Künste als praktische Kategorien der Weltaneignung ermöglichen heute die Überwindung der kooperations-, kunst-, wissenschafts- und lebensverneinenden Gewinn- und Konkurrenzgesellschaft.
So ist denn auch in den Hochschulen zu klären, wie der Mangel an Räumen, Lehrenden, Studienplätzen und Arbeitsmitteln, aber auch an Muße und lebensnaher sozial verantwortlicher Initiative, durch solidarisches Bewußtsein in den Wissenschaften sowie durch eine eingreifende Analyse und Kritik der Gegenwart zu beseitigen ist.
In diesem Zusammenhang lohnt sich ein neuer Blick auf die Schulden- und Vermögensuhr vor dem Hauptgebäude der Universität. Das reichste Zehntel der Hamburger_ innen hat, seit diese Installation im Juli 2011 begann, 6 Milliarden Euro puren Vermögens hinzugewonnen.
Wegen dieser krassen Ungleichheit hat der Hamburger Senat weiterhin scharfe Kritik zu gewärtigen, wenn er beispielsweise die Hochschulen bis 2020 um erneut ca. 10 Prozent ihrer Grundfinanzierung berauben will. „Ordentlich regiert“?
Der kulturelle Reichtum der Universität, die zu rekonstruierende Vielfalt der Fächer, das demokratische Engagement, die Erneuerung internationaler Solidarität, die Arbeit an Wahrheit und humaner Perspektive können das Leben aller bereichern. Die Befreiung des Studiums von Repression und Restriktion hat daher primär den Sinn, Bildung und Wissenschaft für menschenwürdige Verhältnisse zur Geltung zu bringen.
So ist stets zu fragen, wie die Universität besser zu Frieden und Völkerverständigung, zu Demokratie als kollektiv realisierter Mündigkeit, sozialem Fortschritt und ökologischer Verantwortung beitragen kann. Umstände, in denen man Zustände kriegt, müssen nicht sein. Dekadenz ist nicht vernünftig; Solidarität die rationale Alternative. „Was man nicht sagen kann, bleibt unerlöst – ›besprechen‹ hat eine tiefe Bedeutung“, schreibt Kurt Tucholsky.
Wir schaffen selbst die Verhältnisse, in denen wir leben.