Home › Publikationen › Flugblatt von Liste LINKS, harte zeiten und FSB vom
Was uns am politischen Senat ärgert
„Der Neoliberalismus ersetzt die Sozialstaatlichkeit und damit den Anspruch einer umfassenden Daseinfürsorge des Staates für seine Bürger durch institutionalisierte Armenpflege, denn soziale Gerechtigkeit oder Maximierung der Bedürfnisbefriedigung sind keine der spontanen Ordnung kompatiblen Zwecke.“
Prof. Dr. Herbert Schui, „Neoliberalismus – der Versuch, die Konzentration von Einkommen und Vermögen zu legitimieren“, in : „Geld ist genug da: Reichtum in Deutschland“, 1996, S. 118.
Das Hamburger Abendblatt meldete Ende letzter Woche, daß mit einer Erhöhung der Mensa- und Cafépreise des Studierendenwerks zu rechnen sei. Denn die Universität will künftig die Betriebskosten dem Studentenwerk anrechnen. Hintergrund dafür ist, daß die Universität trotz anhaltender Unterfinanzierung erneut nicht mit einer relevanten Erhöhung ihres Etats zu rechnen hat, derweil aber infolge der Privatisierung des Stromversorgers HEW (jetzt Vattenfall) die Energiekosten unbezahlbar werden. Zudem hat Wissenschaftssenator Jörg Dräger schon vor Jahren die Subventionen für das Studierendenwerk um die Hälfte (2,5 Millionen Euro) gekürzt. Damit soll Druck für die Kommerzialisierung und Privatisierung der bisher sozial orientierten Versorgung der Studierenden mit Essen, Wohnraum und Beratungen gemacht werden. Steigende Mensapreise und sinkende Löhne sowie Stellenabbau für die Kolleginnen und Kollegen des Studierendenwerks sind schon jetzt Ergebnisse dieser Politik. Mit der vollständigen Streichung der Subventionen wird gedroht. Den Studierenden soll so, ebenso wie mit den Studiengebühren, die soziale Basis des kooperativen Lernens entzogen werden. Das Studierendenwerk habe sich instrumentell einzufügen in die Senatspolitik, die alle zynisch zu Objekten der Gewinnsteigerung auf dem „freien Markt“ und zu Konsumtierchen herabwürdigt.
Das ist exemplarisch für die neoliberale Politik des CDU-Senats. Während die Konjunktur und die Gewinne großer Unternehmen steigen, wird mit Verweis auf den vermeintlichen „Sachzwang“ leerer Haushalte scheibchenweise die erkämpfte allgemeinwohlorientierte Substanz des Gemeinwesens weggeschnitten. Durch knappgehaltene Mittel wird Konkurrenz unter Interessengleichen gesät, um eine Solidarisierung zu verhindern, die die gewinnversessene Politik der „Wachsenden Stadt“ von Handelskammer und Senat prinzipiell in Frage stellt. Dieses „Teile und Herrsche“ richtet sich gegen vernünftige Institutionen ebenso wie gegen alle Menschen.
Der Widerstand dagegen ist häufig eng an die jeweils direkt betroffene Einrichtung oder gesellschaftliche Gruppe gebunden. Verständigungen zwischen diesen Bereichen und eine gemeinsame außerparlamentarische Opposition gegen die Machenschaften des Senats ist zu entwickeln. Der Druck wird oft an den Nächsten weitergegeben, wie in diesem Beispiel von der Universität an das Studierendenwerk und dann weiter an die Studierenden, obwohl alle eigentlich gemeinsam um die Verbesserung der sozialen Bedingungen des Lernens und der Entwicklung einer solidarischen Kultur bemüht sein müßten. Denn je besser die soziale Grundversorgung sowie die Arbeitsbedingungen der Lernenden, Lehrenden und Beschäftigten sind, desto angenehmer und produktiver kann auf das Allgemeinwohl und nicht auf Marktgängigkeit gerichtet gelernt und geforscht werden.
Das unsoziale System des „Gegeneinanderausspielen“ funktioniert nicht, wenn es durch kluge gemeinsame Widerständigkeit ins Leere laufen gelassen wird. Die Universität und das Studierendenwerk müssen sich nicht spalten lassen. Die Kooperation der Leitungen dieser Einrichtungen und gemeinsame Aktionen der Studierenden und der Beschäftigten können der Absicht des politischen Senats einen exakten Strich durch die Rechnung machen. Die Verfaßte Studierendenschaft muß als aufklärendes und organisierendes Zentrum solcher Aktivitäten in der Stadt erheblich an Bedeutung gewinnen. Wer solidarisch kämpft, wird Bündnispartner finden. Die Verbesserung der eigenen Lage kann nur die Verbesserung der Lage aller sein.
So ist auch die bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung und Demokratisierung von Lernen, Wissenschaft und Forschung begründet, die neu und erweitert erstritten werden muß. Das ist auch ein angemessenes Thema für den Akademischen Senat.