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Exit aus dem Exit
„Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik sind sie [die Grundrechte] so flächendeckend, so umfassend und so radikal eingeschränkt worden. Die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger werden, wegen Corona, auf vorerst unabsehbare Zeit in bisher unvorstellbarer Weise beschnitten und aufgehoben – ohne gesetzgeberischen Aufwand, mit einem Fingerschnippen der Exekutive quasi. (…) Die Bundeskanzlerin muss eilig einen großen Krisenstab einrichten, in dem nicht nur Virologen und Gesundheitsexperten, sondern auch Grundrechts- und Gesellschaftsexperten sitzen – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Gesellschaft. Sie sollen, sie müssen die Lage umfassend analysieren und den Ausstieg aus dem Lockdown vorbereiten. (…) Es gibt viel zu tun. Es geht um einen guten Weg aus der Krise und um die Rückkehr zu guter demokratischer Normalität.“
Heribert Prantl, „Wie lange noch?“, „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“), 5.4.2020.
„FAZ: Diese Krise setzt die Menschen unter Stress. Warum ist das gefährlich?
Adli: Stress ist an sich nichts Gefährliches, im Gegenteil: Er macht uns anpassungsfähig. Aber: Stress wird zu einer Gefahr für unsere Psyche, wenn er länger dauert oder sogar chronisch wird, wenn also eine Belastung ohne Aussicht auf Entlastung vorherrscht. In dieser Situation befinden wir uns gerade. Wenn der Stress dazu noch als unkontrollierbar empfunden wird, kann er pathogen werden, also unserer Gesundheit schaden. Sie haben das Gefühl, ihre Situation durch nichts richtig beeinflussen oder verbessern zu können.“
Stressforscher Mazda Adli, Chefarzt und Leiter der AG Affektive Störungen an der Charité, im Gespräch mit „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 5.4.2020, S. 22.
„Konzerne werden meist besser durch die Krise kommen als Mittelständler und Familienunternehmen, die oft weniger Barreserven haben. Wenn die Großen nun ungehindert die Kleinen fressen, würde das die gesamte Wirtschaftsstruktur verändern. Es würde die Tür öffnen zu einem neuen Raubtierkapitalismus, mit zahllosen Schwachen und Angeschlagenen, die gnadenlos aus der Herde aussortiert werden. Die Ungleichheit würde weiter zunehmen, die Schere zwischen Arm und Reich sich noch weiter öffnen. (…) Dürfen staatlich gestützte Unternehmen noch Boni zahlen, Aktien zurückkaufen oder Wettbewerber übernehmen?“
AutorInnenkollektiv, „Das Corona-Domino“, SPIEGEL (Titel) Nr. 15/4.4.2020, S. 8-17, hier S. 10 u. S. 15.
„Portia: Wenn das Tun ebenso leicht wäre wie das Wissen, was zu tun gut wäre, dann wären die Kapellen Kirchen und die Hütten der Armen wären Fürstenpaläste.“
William Shakespeare, „Der Kaufmann von Venedig“ (Erster Akt, Zweite Szene), 1596/1597, Übersetzung von Erich Fried.
Am vergangenen sonnigen Wochenende in Hamburg patrouillierte die berittene Polizei an Alster und Elbe, um die flanierende Bevölkerung auf Abstand und genehmigte Zweisamkeit zu kontrollieren. Verhältnismäßig wenige Bußgelder wurden verhängt.
Nach einigen Wochen Shutdown oder Lockdown, d.h. rigider Reduzierung des öffentlichen Lebens (Bildung, Soziales, Kultur, Breitensport und Politik), von großen Teilen der Produktion sowie der wesentlichen Einschränkung der Grundrechte, ist die sorgfältige und folgenreiche Reflexion der schrittweisen Wiederherstellung des vollständigen gesellschaftlichen Lebens zu realisieren.
Diese nachhaltige Rekonstruktion sollte selbstverständlich mit der Eindämmung der Pandemie, wirkungsvoller Behandlung, dem forcierten Finden von Gegenmitteln und eines Impfstoffes sowie der internationalen Kooperation zur Überwindung der Pandemie sowie der sozialen Krise Hand in Hand einhergehen.
Dabei ist, in Berücksichtigung der Vorgeschichte respektive aufgehäufter Mängel, adäquat zu bedenken: Werden die Gesellschaften in Bewältigung der Krise sozialer und solidarischer oder werden soziale Schieflagen verstärkt? Wird sich sorgfältig und verbindlich der Klimakrise gewidmet? Werden neue Friedensbemühungen unternommen? Wird ein soziales Europa gestaltet?
Wird den rechten Kräften eine aufgeklärte demokratische Alternative entgegengesetzt? Entsteht in Bewältigung der Krise eine neue Dynamik demokratischen Handelns bzw. des Verständnisses und der Ausübung der Grundrechte?
Bei allem hohen Respekt für die relevante und engagierte Arbeit der KollegInnen in der Medizin und den Bereichen zur Realisierung des alltäglichen Lebens: Auch Schulen,
Hochschulen, Bücherhallen, Theater, Museen und Konzerthäuser (auch die „freie Szene“) sind „systemrelevant“.
Bildung, Kultur und reflektierte Geselligkeit, auch politisches Engagement, sind menschliche Lebensmittel. Das sei neu bedacht und in vertieftem Bewußtsein wiederhergestellt. So gewinnen wir an gemeinsamer Aussicht. Die Wissenschaften (Forschung, Lehre, Bildung) mit ihrer Akademischen Selbstverwaltung, der studentischen Interessenvertretung sowie den Personalräten sind integrierter Teil davon.
Leitbild universitärer Lehre der Universität Hamburg
(beschlossen durch den Akademischen Senat auf seiner 719. Sitzung am 10.07.2014)
Ziel universitärer Lehre ist es, Bildung durch Wissenschaft zu ermöglichen. Das schließt die Aufgabe ein, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Studierenden hohe wissenschaftliche Kompetenz erwerben, ihre Fähigkeiten selbsttätig entfalten und sich als mündige Mitglieder der Gesellschaft weiterentwickeln können, die bereit und in der Lage sind, an deren sozial und ökologisch nachhaltiger, demokratischer und friedlicher Gestaltung maßgeblich mitzuwirken und für ihre Zukunftsfähigkeit Verantwortung zu übernehmen.
Grundlage der universitären Lehre ist das Humboldt’sche Bildungsideal der Einheit von Forschung und Lehre. Lernendes Forschen, lebenslanges Lernen und die argumentative Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage sind wesentliche Merkmale dieser Lehre.
Diesem Ziel der Bildung durch Wissenschaft sind alle Mitglieder der Universität Hamburg gemeinsam verpflichtet – Lehrende und Lernende ebenso wie die mit administrativen und technischen Aufgaben befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Von ihnen wie auch von den zuständigen Gremien und Organen der Universität wird erwartet, dass sie sich dem Gelingen universitärer Lehre mit dem erforderlichen Maß an Zeit und der gebotenen Sorgfalt widmen, dabei respektvoll miteinander umgehen und die Richtlinien guter wissenschaftlicher Praxis beachten. Von allen wird erwartet, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass die für die universitäre Lehre erforderliche finanzielle, personelle und technische Ausstattung zur Verfügung gestellt wird.
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Das gesamte Leitbild einschließlich der auf diese Einleitung folgenden Ableitungen für alle Uni-Mitglieder gibt es hier: www.uni-hamburg.de/uhh/profil/leitbild/lehre.html