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Vom Krieg entfernen:

Die neue Nähe zur Humanität

Warnung aus Stockholm
„Ein bedrohliches Fazit zog Dan Smith, der Direktor des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI, am Montag bei der Vorstellung des jüngsten SIPRI-Jahresberichts: »Wir drift en in eine der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte.« Demnach hat nicht nur die Zahl der Staaten, die in einem bewaffneten Konflikt stecken, von 51 auf 56 zugenommen; dies ist mehr als ein Viertel aller Staaten weltweit. Gleichzeitig sind die globalen Rüstungsausgaben auf 2,240 Billionen US-Dollar in die Höhe geschnellt; das ist ein Plus von 3,7 Prozent gegenüber 2021 und zugleich der höchste Betrag, den SIPRI seit seiner Gründung im Jahr 1966 je gemessen hat. Der mit Abstand stärkste Anstieg (plus 13 Prozent) war dabei in Europa zu verzeichnen. Weltweit steckten die Staaten durchschnittlich 6,2 Prozent ihrer Etats in ihr Militär. In Deutschland sind es zur Zeit 10,52 Prozent. Besondere Aufmerksamkeit widmet SIPRI in diesem Jahr der nuklearen Aufrüstung. Demnach sind sämtliche neun Atomwaffenstaaten zur Zeit dabei, ihre nuklearen Arsenale umfassend zu modernisieren. Auch die Zahl der prinzipiell einsetzbaren Sprengköpfe nahm zuletzt zu, von 9.490 Anfang 2022 auf 9.576 Anfang 2023.“

Jörg Kronauer, „Militarisierung/Zahl einsatzbereiter Atomwaffen steigt“, „junge welt“, 13.6.2023.

Deutschland und die Welt?
„Den deutschen Waffenschmieden gefällt die Unterstützung, die sie von Boris Pistorius bekommen. Angesichts des Krieges in der Ukraine und wachsender Spannungen im Indopazifik verspricht der neue Verteidigungsminister, den Rüstungsexport Deutschlands zu steigern. Mehr U-Boote für Indien, mehr Panzer für Australien, zwei Airbus-Militärtransporter für Indonesien wird die Öffentlichkeit leicht verdauen. So einfach wird es freilich nicht bleiben: Schwellenländer fordern immer breiteren Technologietransfer, der auch Eigenfertigung erlaubt. In einer konfrontativen Welt aber wird es schwieriger, sich auf Partner für Jahrzehnte festzulegen. Zudem zieht das Kriegswaffenkontrollgesetz auch künftig enge Grenzen.“

Christoph Hein, „Waffen für die Welt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 6.6.2023, S. 22.

Frühe Aussicht
„Schon hier auf Erden möchte ich durch die Segnungen freier politischer und industrieller Institutionen jene Seligkeit etablieren, die nach der Meinung der Frommen erst am jüngsten Tage, im Himmel, stattfinden soll. (…) Und was gölte den Fürsten alle Wissenschaft, Studien oder Bildung, wenn die heilige Sicherheit ihrer Throne gefährdet stünde!“

Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“, Erstes Buch, 1835.

Nach der nicht ganz unmaßgeblichen Auffassung von US-Botschafterin Amy Gutmann soll das riesige Manöver „Air Defender 23“, das von der Bun- deswehr geleitet wird, ein Signal der „Stärke“ der Nato aussenden – speziell gegenüber Rußland.
Muskeln statt Hirn.

Mit nahezu 10.000 Soldaten aus 25 Staaten, 250 Militärflugzeugen, dabei 60 bundesdeutsche, und dem Schwerpunktgebiet im Osten der BRD mit Tiefflügen bis zu 330 Meter über dem Boden. (Um
„Komplikationen“ im üblichen Flugverkehr zu vermeiden, ist in Hamburg das Nachtflugverbot für Zivilflüge einstweilen aufgehoben worden.) Das militärische Großmanöver findet zeitgleich zur ukrainischen Frühjahrsoffensive statt.
Ist das die „dienende Führungsrolle“, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) letztes Jahr bei seinem Besuch in Washington servil proklamiert hat?
Sollen damit alle positiven Erfahrungen und Errungenschaften (auch unter Beteiligung von Grünen und SPD) aus den letzten Jahrzehnten der Entspannungs-, Abrüstungs- und Friedenspolitik begraben und vergessen sein? Gleichwohl die Bemühungen um internationale Sicherheit und relative Stabilität? Wie soll so der dringend erforderliche ökologische Umbau gelingen? Hat der Militarismus je irgendein soziales Elend beseitigt? Ist die menschliche Welt

durch Aufrüstung, Konfrontation, Kriege und wachsende Rüstungsexporte humaner geworden? Auch die Inflation wird kaum durch ein Mehr an Panzern („Made in Germany“) beseitigt werden können.
Leidtragende sind die Bevölkerungen auf der ganzen Welt bzw. der bessere Sozial-, Bildungs- und Kulturstaat sowie das heilende Gesundheitssystem. Die „Schuldenbremse“ (Lindners Liebling) tut hier ihr Übriges.
Die Menschheit muß sich vom Krieg entfernen. Frieden wird letztlich und wirklich nur durch Diplomatie und Verhandlungen gestiftet. Abrüstung, Entspannung und zivile Entwicklung – die Lösung sozialer und ökologischer Probleme – globaler Fortschritt in der Befreiung von Möglichkeiten (Reichtum, Wissen und Erfahrung) sollten eine humane Wende einleiten.

Vernunft und Wissenschaft dürfen dabei nicht fehlen. Aufgeklärte und gesellschaftlich verantwortliche Menschen sollten sich kooperativ und konstruktiv begegnen. In einem neuen und perspektivreichen Verständnis von Persönlichkeit und Gesellschaft.
Hier liegt der Schlüssel für die Öffnung zu einer tatsächlichen Gestaltung menschenwürdiger Bedingungen und Möglichkeiten. Das Erdenreich verlangt nach engagierter Demokratie. Jederzeit und überall. Niemand muß verzichten. Kulturelle Ansprüche wachsen mit ihrer Verwirklichung.