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Aufklärung, Kritik und Solidarität:
Das Ende jeder Barbarei
„Schon hier auf Erden möchte ich durch die Segnungen freier politischer und industrieller Institutionen jene Seligkeit etablieren, die nach der Meinung der Frommen erst am jüngsten Tage, im Himmel, stattfinden soll.“
Heinrich Heine, „Zur Geschichte der Religion und Philosophie“, 1834. html
„1. Rufer: Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung!
Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky.“
„Feuerspruch“ bei der von Studentenverbänden organisierten faschistischen Bücherverbrennung im Mai 1933.
Das soziale Leben ist auch aktuell von tiefen Gegensätzen geprägt. Die Verwirklichung menschenwürdiger Verhältnisse ist eine relevante und international drängende Aufgabe. Durch die enormen sozialen Widersprüche sind auch verstärkt die Neo-Nazis auf den Plan gerufen. Sie wollten den 1. Mai okkupieren.
Am 1. Mai haben deshalb in Hamburg gegen einen Aufmarsch der braunen Hetzer 10 000 Antifaschistinnen und Antifaschisten eindrucksvoll demonstriert.
Eine erfreuliche Zukunft für alle hervorzubringen und ihre Gegner zu überwinden, hat Vordenker und Vorreiter, von denen für die Gegenwart und Zukunft gelernt werden kann. Deshalb erinnern wir:
Die Etablierung des deutschen Faschismus war das letzte Mittel der gesellschaftlichen Eliten, um 1933 eine notwendige soziale Überwindung des kriegerischen und sozial katastrophalen Kapitalismus zu verhindern. Mit Terror und Vernichtungskrieg haben die Nazis Europa in das größte Elend gestürzt, als die Möglichkeiten einer sozialen Befreiung auf der politischen Tagesordnung waren. Diese zivilisatorische Katastrophe, die Verkehrung historischer menschlicher Möglichkeiten in ihr blutiges Gegenteil hat mindestens 60 Millionen Menschen das Leben gekostet und der Menschheitsentwicklung geistige, kulturelle und industrielle Potentiale geraubt.
Als frühes Fanal dieser Barbarei verbrannte die Hamburger Studentenschaft am 15. Mai 1933, einem Aufruf des „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes“ und des „Deutschen Studentenbundes“ folgend, die Werke humanistischer Literaten und Wissenschaftler am uni-nahen Kaiser-Friedrich-Ufer. „Reichsweit“ fielen allein in zehn Tagen etwa eine Millionen Bücher dieser zynischen Aktion zum Opfer.
Während die Bücher ins Feuer geworfen wurden, riefen die verhetzten Studenten sogenannte „Feuersprüche“ (s.o.). Sie brüllten sich ihren fanatischen Hass gegenüber Gleichheit und humanistischer Gesellschaftskritik, Antimilitarismus, kultureller Liberalität, Humor und allem Schönen, Menschenfreundlichen und Vernünftigen aus dem Leib.
Diese barbarische Inszenierung diente der Vernichtung von linker Publizistik und humanistischem Erbe und sollte die Diktatur stabilisieren, die Rücksichtslosigkeit als allgemeine Kultur durchsetzen, die politischen und rassistischen Verfolgungen legitimieren und den Vernichtungskrieg vorbereiten.
Egalität und Frieden, analytische Kritik und zivile Courage für die Durchsetzung der „Segnungen freier politischer und industrieller Institutionen“ sollten so aus dem Gedächtnis und Alltag der Menschen ausgelöscht werden.
Das konnte nicht gelingen. Im Gegenteil sahen sich die Verfemten vielfach herausgefordert, trotzdem für die Errichtung einer sozial befreiten Gesellschaft zu kämpfen. Die künstlerische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Ursachen und menschlichen Abgründen des Faschismus, die Analyse und Kritik seiner Entstehungsbedingungen, die Entwicklung von Perspektive und Strategien für die Befreiung und die internationale Aufklärung waren die wesentliche Voraussetzung für die Überwindung der faschistischen Diktatur. Vieles von diesem Impetus wurde gesellschaftlich (zeitweise) verwirklicht.
Aber Freiheit, Gleichheit und Solidarität erfordern weiterhin tägliches Engagement. Dabei ist jede Handlung höchstens so gut, wie die Gedanken, die vorher gefaßt worden sind.
Auch deshalb gedenken wir der couragierten Vorbilder, die Solidarität, Klugheit und Mut zur gedankenreichen Schönheit vereinen:
„Bücherverbrennung – Nie wieder!“
Donnerstag, 8. Mai 2008, ab 11 Uhr auf Hamburger Plätzen
8. Marathon-Lesung aus den verbrannten Büchern. Lesen Sie mit!
ab 11 Uhr - ca. 18 Uhr: Platz der Bücherverbrennung, Kaiser-Friedrich-Ufer/Bundesstraße (bis 18 Uhr). Eröffnung durch Esther Bejarano, Vorsitzende des Auschwitz-Komitees und Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter ver.di Hamburg
12 Uhr: Campus der Universität Hamburg, Staatsbibliothek Carl von Ossietzky, mit Regula Venske, Schriftstellerin, Marlene Grau, Stabi u.a.
13 Uhr: Lessing-Denkmal, Gänsemarkt, mit Bischöfin Maria Jepsen u.a.
14 Uhr: Heine-Denkmal, Rathausmarkt, mit Rolf Becker, Schauspieler (geplant) u.a.
15 Uhr: Mönckebrunnen (ehem. Bücherhalle), Ecke Mönckebergstraße/Spitalerstraße, mit Peter May, Schauspieler u.a.
16 Uhr: Arno-Schmidt-Platz vor der Zentralbibliothek, Hühnerposten, mit Sylvia Wempner, Schauspielerin, Jens Huckeriede, Filmemacher u.a.
Vor jetzt 23 Jahren wurde der Gedenkplatz am Kaifu-Ufer mit einer Lesung eröffnet.
Genau dort hatten am 15. Mai 1933 NS-Studentenorganisationen und Burschenschaftler Bücher verbrannt: Als „schädlich und unerwünscht“ eingestuft, verboten und verbrannt wurden unter anderen die Bücher von Heinrich Heine, Carl von Ossietzky, Bertolt Brecht, Albert Einstein, Sigmund Freud, Ernest Hemingway, Egon Erwin Kisch, Peter Martin Lampel, Heinz Liepman, Jack London, Rosa Luxemburg, Heinrich und Klaus Mann, Karl Marx, Kurt Tucholsky, Carl Zuckmayer, Lion Feuchtwanger, Marieluise Fleißer, Irmgard Keun, Else Lasker-Schüler, Erich Maria Remarque, Franz Werfel, Arnold Zweig, Stefan Zweig u.v.a.
Lest selbst vor: Ein Gedicht oder einen Text aus einem der verbrannten Bücher. Für Kurzentschlossene liegen ausgewählte Lesetexte bereit. Einfach nur zuhören ist natürlich auch ausdrücklich erwünscht.
Arbeitskreis „Bücherverbrennung – nie wieder!“
Unterstützer: Hamburger Öffentliche Bücherhallen, Auschwitz-Komitee, ver.di Landesbezirk Hamburg, P.E.N.-Deutschland, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), Verband deutscher Schriftsteller (vs), Hamburg, KZ-Gedenkstätte Neuengamme
e-mail: Kontakt@Lese-Zeichen-Hamburg.de - mehr Infos: www.Lese-Zeichen-Hamburg.de