Home › Publikationen › Flugblatt von Liste LINKS und harte zeiten mit SDS* vom
Warten, Weinen, Widerstehen, Weiterkommen?
„Sie kritisieren, dass Resilienz als Programm entpolitisiert. Inwiefern?
Wer resilient ist, erkennt an, dass die Welt schwierig ist, ist aber nicht unterzukriegen. Er findet sich damit ab, dass sich an den Ursachen für existierende Probleme nichts ändern lässt. Was sich ändern lässt, ist das eigene Erleben und die persönliche mentale und emotionale Widerstandsfähigkeit. Mit Verweis auf Resilienz können gesellschaftliche Missstände somit individualisiert und psychologisiert werden. Strukturelle Gründe dieser Missstände werden ausgeblendet, Fragen nach der Verteilung von Macht, nach ungleichen materiellen Voraussetzungen oder der Verantwortung für Krisenursachen gar nicht mehr gestellt.“
Stefanie Grafe (Soziologin an der Uni Jena), im Gespräch mit „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 21.2.2021, S. 37.
„Es wäre fatal, sich mit der defätistischen Diagnose zufriedenzugeben, dass die sozialen Unterschiede (nicht nur in Deutschland) durch die Corona-Krise massiv verschärft wurden.“
Heike Schmoll, „Rasch die Lernlücken schließen“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 22.2.2021, S. 1 (Leitkommentar).
„Nach der ersten Welle hätte die Politik genügend Zeit gehabt, wo nötig, Luftfilteranlagen für Klassenräume und FFP2-Masken für alle Akteure zu besorgen. Die Kosten wären ein Klacks gewesen im Vergleich zu den Summen, die der Staat für jede Woche Shutdown ausgibt. Von den gesellschaftlichen Folgekosten der Schulschließungen ganz zu schweigen. (…) So wurde die Chance vertan, Schulöffnungen an einheitlichen Kriterien auszurichten und eine bundesweite Strategie zu entwickeln, wie sich Gesundheitsschutz und Präsenzunterricht vereinbaren lassen – mal abgesehen von Fensteröffnen
im 20-Minuten-Takt.“
Silke Fokken, „Sitzen geblieben“ (Leitartikel), „SPIEGEL“ Nr. 8/20.2.2021, S. 6.
„Lassen wir das nationale Beiwort beiseite: ich glaube, daß die Aufgabe des Schriftstellers heute keine andere ist, als sie es war von eh und je, nämlich ein Richter und Befeuerer des Lebens zu sein. In einer Zeit, die zur Verzweiflung, zum Aufgeben, zur Apathie verführen möchte, gebe er, durch das geistige Werk, ein Beispiel der Spannkraft, der Unbeugsamkeit, der inneren Freiheit, des Mutes zur Tat.“
Thomas Mann, „Die Aufgabe des Schriftstellers“, 1947.
Die (schöne) Literatur kann beispielgebend und anregend für eine neue Haltung, für eine andere, kritischere und bessere Sicht der Gegebenheiten sein und so das scheinbar Aussichtslose der (nicht nur eigenen) Lage öffnen.
Das gilt gleichermaßen für jegliches Lernen in der Begegnung mit anderen Menschen – und das in jedem Alter und in jeder Situation oder Lage.
Deswegen ist nicht nur die – sorgfältige – (Wieder-)Öffnung von Kitas und Schulen von Bedeutung, sondern ebenso der neue und bedachtere „Betrieb“ von Hochschulen, beruflicher Weiterbildung, Volkshochschulen, Theatern, Museen, Bibliotheken, Mensen sowie von studentischen Arbeitsräumen.
Der – lernende – Mensch braucht Begegnung, Austausch, lebendigen sozialen Zusammen-hang. Isolation ist schädlich und die Fortsetzung aufgebauter gesellschaftlicher Mängel. Bessere Gestaltung gelingt nur in der sinnvollen kooperativen Handlungsweise – Veränderung –vorhandener struktureller Probleme.
Diese gemeinsame gesellschaftliche Tätigkeit hat Bedeutung für die Überwindung der Klima-krise, die Schaffung von Frieden und sozialer Gerechtigkeit, gleichfalls für die Marginalisierung des Rechtsextremismus sowie die dringende Verbesserung des Gesundheitssystems.
Der Mensch ist kein Höhlenwesen, beliefert von Amazon. Das Home-Office macht einsam und dick. Home-Schooling entfernt vom sozialen Lernen. Hartz IV bleibt Armut und Demütigung per Gesetz. Der individuelle Schuldkomplex hat keine Perspektive. Die Grundrechte sind kein Larifari. Der Schwatz an jeder Ecke offenbart die sozialen Bedürfnisse der Menschen. Diese bewußt wahrzunehmen, ihnen Bedeutung zu geben, sie mit anderen zu verwirklichen, ist der Ausgang aus der Isolation und düsteren Fremdbestimmung. Darüber zu sprechen und sich gemeinsam eine neue Haltung zu geben, ist der erste Schritt auf dem Weg der Entfaltung.