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Für die Zukunft: Geschichte als Gegenwart des Geistes
„Sind nicht in ein paar Monaten etliche Milliarden deutschen Volksvermögens nach der Schweiz und nach Holland ausgewandert, ohne daß ein Hahn danach krähte oder eine Handelskammer oder ein Unternehmerverband nach Abwehrmaßnahmen gerufen hätte? Und ist nicht die Rüstungsindustrie ganz international aufgezogen? Niemand weiß, ob die verkauften Waffen nicht morgen schon den Volksgenossen töten werden. Der Kapitalismus hat keinen Respekt vor Grenzpfählen, Landesfarben und nationalen Ideologien. Vor letzteren am wenigsten, denn er bezahlt ja meistens ihre
Erfinder. In Zeiten der Prosperität lassen sich solche Tendenzen leicht umkleiden, in einer Not wie heute gibt man sich nicht die Mühe dazu.“
Carl von Ossietzky, „Die Farben von Panama“, Die Weltbühne, 17. Februar 1931.
Carl von Ossietzky, 1889 in Hamburg geboren und vor 75 Jahren an den Folgen von Folter und KZ-Haft in Berlin gestorben, ist seit 1983 Namensgeber der hamburgischen Staats- und Universitätsbibliothek (StaBi). Er war Journalist, radikaler Demokrat und Kriegsgegner. Seine couragierte antifaschistische Bündnispolitik als Herausgeber der „Weltbühne“ und präzise Aufklärung als Publizist war von Nazis und reaktionären Teutonen so gefürchtet, daß im Mai 1933 seine Schriften zu den zuerst verbotenen und von NS-Studenten „verbrannten Büchern“ zählten.
1931, auf dem Höhepunkt der (damaligen) Weltwirtschaftskrise, wurde die „Weimarer Republik“ bereits zur präsidialen Diktatur gemacht. Fünf Millionen gemeldete Erwerbslose, der ökonomische Zusammenbruch von Banken, Handelshäusern und Teilen der Industrie – Folgen eines Bankencrashs in den USA – wurde mit einer harten Kürzungspolitik zulasten öffentlicher (sozialer) Ausgaben beantwortet. Das hat Elend und Depression gemehrt, Profite gesteigert und eine wesentliche Grundlage für die Errichtung der Nazi-Diktatur geschaffen.
Aus der Geschichte ist gelernt worden; das Grundgesetz der Bundesrepublik hat zum Maßstab: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ (GG Art. 1 (1)) Es enthält den Auftrag zur Entwicklung eines Sozialstaats, der Wohlfahrt für Alle mit massenhafter demokratischer Partizipation verbindet. Es heißt folglich nicht: Das Privateigentum ist unantastbar, sondern in Art. 14: „(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.“
Die „Schuldenbremse“ ist zwar neuerdings auch im Grundgesetz verankert, aber alles andere als ein Grundrecht. Sie entspricht eher der historischen Austeritätspolitik als den sozialen Verpflichtungen des Allgemeinwohls. Dagegen ist erforderlich: Für soziale Demokratie statt Bankenmacht.
Die sinngebende Alternative zu Rohheiten aller Art gelingt mit der bewußten Verbindung sozialer Emanzipationskämpfe mit humanistischer Wissenschaft, Kunst und Literatur. Dieses Bündnis hat nicht nur konsequente Vordenker und Vorbilder, sondern zivilisiert auch die Gegenwart und weist lebensbejahend vorwärts. Die Universität kann diese Alternative für die Allgemeinheit bedeutsam stärken.
„Alle Emanzipation ist Zurückführung der menschlichen Welt, der Verhältnisse, auf den Menschen selbst.“
Karl Marx: Zur Judenfrage. MEW 1, S. 370, 1844.
Aus der Geschichte lernen.