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Eine menschliche Gesellschaft
„Der Akademische Senat der Universität Hamburg will die kommenden Monate zu einem ›Semester der öffentlichen Auseinandersetzung und des Protestes‹ machen. Auf diesem Wege wolle man ›grundlegende Verbesserungen für Bildung und Wissenschaft, für Studium, Lehre und Forschung‹ erreichen, kündigte das Gremium am Dienstag an. Die Proteste richten sich gegen diverse Punkte: So plane der SPD-Senat in seinem Strategiepapier zur Entwicklung der Hochschulen eine ›einseitige Ausrichtung auf Wirtschaftscluster‹, so der Akademische Senat. Außerdem verweigere die Regierung eine Demokratisierung der Uni-Strukturen, dringend notwendige Baumaßnahmen würden verschleppt, und die ›chronische Unterfinanzierung der Hochschulen‹ werde immer weiter zugespitzt. Dass in Hamburg von den 30 Millionen Euro BAföG, die jetzt der Bund übernimmt, kein Cent in die Grundfinanzierung der Hochschulen fließen soll, sei ›zum großen Schaden von Bildung und Wissenschaft‹, hieß es.“
Hamburger Abendblatt, „Universität plant Protest-Semester gegen SPD-Politik“, 5. November 2014, html.
Auch in der veröffentlichten Meinung finden die vernünftigen Anliegen der Universität Widerhall. Der politische Senat muß noch hören. Die Wissenschaftssenatorin hat angekündigt, bis 2019 sollen 438 Mio. Euro in Hochschulbau investiert werden. Dies ist ein „Investitionsprogramm“, das nach 13 Jahren totalem Sanierungsstau (vorwiegend unter CDU-Regierungen) und bei schwächelnder Konjunktur sowohl hochschulpolitisch als auch volkswirtschaftlich überfällig, jedoch unzureichend ist.
Die Sanierung der Universität bedarf aber nicht allein baulicher Maßnahmen. Als demokratische Gründung von 1919 sieht die Uni ihrem 100 jährigen Jubiläum entgegen. Sie reflektiert dieses Erbe heute als aktualisierbare Aufgabe und setzt sich kritisch mit ihrer freiwilligen Selbstgleichschaltung zwischen 1933 und 1945 auseinander. Nach der Befreiung vom Faschismus hat sie einen demokratischen Neubeginn gewagt, der jedoch studentenbewegter Fortsetzung 1968 bedurfte: Soziale Öffnung, Demokratisierung der Mitbestimmung, gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaften sind seither verbindliche Maßstäbe der Hochschulentwicklung. Architektonisch schlägt sich das in der erheblichen Erweiterung in den 1960er und 70er Jahren nieder bzw. in einer politischen Gestaltung, die Öffentlichkeit, gruppenübergreifende Kooperation und kreative studentische Aktivität realisierte. Das sollte weiterhin gelten.So hat die Uni selbst mit ihrem Engagement gegen eine Verlagerung in den Hafen und für den Ausbau im Grindelviertel maßgeblich für die nun avisierten Investitionen gewirkt.
Seit einiger Zeit sind nun die Hochschulen – gegen die neoliberalen Deformen – auf dem Weg einer neuerlichen Hochschulreform: Im Mittelpunkt dieser Aktivität steht die Ambition, durch den „Dienst am Menschen“ einer zivilen und aufgeklärten Entwicklung der globalen Gesellschaft Bahn zu brechen. Deshalb geht es um demokratische Beteiligung aller, um die Reformierung des Ba/Ma-Studiums für offenen Hochschulzugang und um Strukturen und Haltungen für kooperatives Lernen sowie die Überwindung der Unterfinanzierung. Bildung – für die Hochschulen und die Gesellschaft. Zu diesen Zwecken sind weiterhin die erhebliche Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen und bessere Bedingungen der Arbeit, des Wohnens und der Studienfinanzierung nötig. Hochschulpolitik muß einen sozialen Sinn haben und verwirklichen. Das bewegt.