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Bildung und Nachhaltigkeit
„Und dann wundert man sich, dass Studenten sich ökonomisch verhalten und versuchen, möglichst schnell möglichst viele Credit Points und gute Noten mit möglichst geringem Aufwand zu ergattern. Wenn das ganze Studium bis auf die Einheit von dreißig Stunden verplant ist und der Eindruck vermittelt wird, die Möglichkeit, eine Arbeit zu finden, hinge davon ab, möglichst viele, möglichst exzellente Noten anzuhäufen, dann ist das utilitaristische Verhalten der Studierenden vorprogrammiert. […] Wie aber kann man wissen, wozu die Studenten einen größeren intellektuellen Freiraum nutzen würden, wenn schon die Organisation des Studiums sie zu utilitaristischem Verhalten anleitet?“
Joachim Nettelbeck, „Die Illusion der Berufsqualifikation“, Frankfurter Allgemeine Zeitung 29.12.2014.
„Immanuel Kant verstand das Projekt der Aufklärung als Austritt der Menschheit aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit. Mündige Bürger, also solche, die mit eigener Stimme sprechen und sowohl kritisch als auch selbstkritisch ihre Umwelt reflektieren, können flexibel und kreativ auf die Herausforderungen der modernen Welt reagieren.
Nachhaltigkeit ist eine Haltung, die diese kritische Offenheit umfasst.“
Universität Hamburg: „Über Nachhaltigkeit“, https://www.nachhaltige.uni-hamburg.de/uebernachhaltigkeit.html
Die Universität Hamburg hat sich vorgenommen, eine "Universität der Nachhaltigkeit" zu sein. Bezugspunkte dafür bilden u.a. globale Ernährungssicherheit und Überwindung von Armut, die Gewährleistung der Versorgung der Weltbevölkerung mit Energie und Wasser, Hygiene, Gesundheit und Bildung für Alle sowie die Bekämpfung des Klimawandels und der Erwerbslosigkeit. Für international ziviles Zusammenleben und tatsächlichen Frieden ist das alles von großer Bedeutung. Der Universität geht es demnach um wissenschaftliche und bildungsmäßige Beiträge zu einer sozialen menschlichen Entwicklung, die „heute lebenden und zukünftigen Generationen diese Bedingungen eines selbstgewählten Lebens zu gewährleisten.“ (a.a.O)
Es gibt auch Einwendungen gegen diese Orientierung: Konservative fürchten, solch humanisierende Zwecke würden die „Wissenschaftsfreiheit“ einschränken. Aber tatsächlich ist die tägliche Einschränkung von Bildung und Wissenschaften ihre – politisch gewollte – Käuflichkeit. Neben „Bologna“ sind leistungsorientierte Mittelvergabe, „Profilbildung“ in Richtung auf „Wirtschafts-Cluster“, staatliche Mangelfinanzierung und somit Drittmittel-Abhängigkeit strukturelle Deformationen, deren Überwindung ansteht.
Gerade an der Uni Hamburg wurde dafür bereits eine neue Entwicklung realisiert: Mit erfolgreichen studentischen Aktivitäten für die Abschaffung von Studiengebühren, mit der schrittweisen Entspannung des Ba/Ma- Systems, der wieder höheren Gewichtung allgemeiner Bildung (anstelle marktförmiger „Employability“) sowie mit gruppen-, fächer- und hochschulübergreifenden Aktivitäten für eine Re-Demokratisierung der Hochschulen und für eine öffentliche Finanzierung, die der humanen Dimension der Aufgaben und den finanziellen Möglichkeiten der Stadt entspricht.
Diese Arbeit schafft Bedingungen und Perspektiven einer Universität, in der sich alle in freier kooperativer Haltung der Vermenschlichung der Welt zuwenden können, soziale Bedrängung überwunden wird und Kritik und Kreativität zum erfreulichen Selbst-Verständnis beitragen. Das setzt Maßstäbe für Alle.
Diese Praxis hat auch bei den Wahlen zur studentischen Interessenvertretung und dem Akademischen Senat Bedeutung.