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Es ist unser heiterer Ernst: Befreiung!
„Jeder lebendige Geist, das ist eine Tatsache, erkennt in einem gerechteren sozialen und ökonomischen Ausgleich die Forderung der Weltstunde, und es ist ebenfalls gar keine Frage, daß diese moralisch lebenswichtige Forderung sich nicht nur auf die innere Struktur der Staaten, sondern auch auf die Staatengesellschaft selbst und ihr Zusammenleben zu erstrecken hat. Europa, die Welt sind reif für den Gedanken einer umfassenden Reform der Besitzordnung und der Güterverteilung, einer Sozialisierung der Rohstoffe, die natürlich im Geiste und im Rahmen einer Gesamtverständigung und vernünftigen Generalbereinigung der Konflikte, kurzum im Geiste des Friedens, der Arbeit und der allgemeinen Wohlfahrt in Angriff zu nehmen wäre.“
Thomas Mann, „Vom kommenden Sieg der Demokratie“, 1938.
Dieses Programm trug der Schriftsteller Thomas Mann in 15 amerikanischen Städten vor – im Kampf gegen den Faschismus. Es hat hohe Aktualität.
Wir erinnern:
Am 15. Mai 1933 brannte in Hamburg ein spezieller Scheiterhaufen. Es waren Bücher von Gegnern des Nazi-Regimes, von Autoren jüdischen Glaubens sowie Literatur der Aufklärung und der Arbeiterbewegung. Organisiert war diese Schandtat von Studenten aus Burschenschaften und dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund. Sie plünderten dafür Leihbüchereien, Universitätsbibliotheken und private Bestände. Die Bücherverbrennung war ein frühes Fanal der Barbarei. „[D]ort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“, hatte Heinrich Heine im Angesicht der nationalen Studentenschaften des frühen 19. Jahrhunderts schon gewarnt.
Die Nazis proklamierten ihre Aktion als „Hinrichtung des Ungeists“. Sie wandten sich gegen humanistische Literatur ebenso wie gegen eine aufgeklärte Sexualforschung oder kulturkritische Satire: „Gegen Frechheit und Anmaßung“ – „Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat!“ – „Gegen Klassenkampf und Materialismus! Für die Volksgemeinschaft!“ lauteten die Parolen, mit den fanatisierte Spießer Weltliteratur und Wissenschaft für kleine Karrieren und große Konzerne in die Flammen warfen.
Heinrich und Thomas Mann, Carl von Ossietzky und Kurt Tucholsky, Magnus Hirschfeld und Sigmund Freud, Erich Kästner und Erich Maria Remarque, Karl Marx und Karl Kautsky sollten vergessen gemacht werden. Sie waren für eine große Welt- und Menschheitsverbesserung, für
Frieden, solidarische Partizipation, sozialen Fortschritt und gegen Unterdrückung und Intoleranz.
Die Nazis fürchteten ihren Witz, ihre Kritik und die durch literarische Fassung massenhaft überzeugende Programmatik einer einzigen, menschenwürdigen und friedlichen Weltzivilisation. Sie konnten ihre Zerstörung nicht bewirken. Bewusst, würdig, produktiv und in Frieden
zusammenleben zu wollen ist unausrottbar menschlich. Die Möglichkeit dazu wurde mit der Befreiung vom Faschismus vor 70. Jahren erkämpft.
Nach der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945 zogen Antifaschistinnen und Antifaschisten unterschiedlicher politischer Überzeugung weitreichende gemeinsame Konsequenzen und brachten die Entmachtung von Großkonzernen und Großbanken, Entmilitarisierung und zivile Konfliktregulierung, Arbeit und soziale Absicherung, Demokratisierung der Gesellschaft und Verhinderung politischer Machtkonzentration auf die Tagesordnung. Die „verbrannten Literaten“ waren Inspiration und oft auch aktive Teilnehmer dieses Neubeginns.
Bis heute steht die Vollendung dieser Hoffnung auf eine umfassende Befreiung der Menschheit aus Elend, Krieg und Not aus – obwohl die geistige und technische Produktivität der Menschheit die globale Verwirklichung des Menschenrechts mittlerweile ermöglichen würde. Es ist also an uns, das kämpferisch humanistische Erbe des internationalen Antifaschismus uns anzueignen und für heutige gesellschaftliche Auseinandersetzungen für ein friedliches und sozial gerechtes Europa im Einklang mit der Welt produktiv zu machen.
Ausstellung:
„Wo man Bücher verbrennt…“
Verbrannte Bücher, verbannte und ermordete Autoren Hamburgs
Auf dem 1. Rang im Foyer des Audimax, vom 4. bis 29. Mai 2015