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Die „Stärken stärken“ oder Aufklärung und Gerechtigkeit?
„Wenn sich der Neoliberalismus, oft mit Erfolg, als reine Abwesenheit darstellt, als Freiheit von bürokratischen Regulierungen oder als Zurückweisung menschlicher Eingriffe in das Wirken der vermeintlich natürlichen Kräfte des Marktes, ist das das beste Indiz dafür, wie gründlich moderne Gesellschaften seine Prinzipien bereits verinnerlicht haben. […] Der problematische Effekt solcher Praktiken liegt dabei gar nicht so sehr in den Verschärfungen der Bedingungen, die es üblicherweise nach sich zieht, wenn irgendwo die Agenten der Effizienzsteigerung ihr Werk verrichten (in Einsparungen und Entlassungen etwa), sondern in der heimlichen Abschaffung sämtlicher Maßstäbe, die keine ökonomischen sind. Überall, wo sie eingeführt werden, stellen sie sämtliche Ziele in Frage, welche sich nicht mit den Mitteln des Wettbewerbs erreichen lassen. Das gilt für die unrentable Bildung breiter Bevölkerungsschichten genauso wie für den umweltbewussten Verbrauch von Ressourcen, aber vor allem gilt es für die Methoden selbst, die sie ersetzen, für den mühsamen und oft völlig ineffektiven Prozess der Meinungsbildung.“
Harald Staun: „Neoliberalismus: Das Gespenst der totalen Durchökonomisierung“, FAZ, 26.10.2015.
„Durch das Zusammenwirken von Hand, Sprachorganen und Gehirn nicht allein bei jedem einzelnen, sondern auch in der Gesellschaft, wurden die Menschen befähigt, immer verwickeltere Verrichtungen auszuführen, immer höhere Ziele sich zu stellen und zu erreichen.“
Friedrich Engels: „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“, 1876, Marx-Engels-Werke (MEW) 20, S. 450.
Zu Gast im Akademischen Senat, formulierte die Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank, was sie unter einem „grünen Profil“ der Wissenschaftspolitik versteht. Die Eckpunkte seien eine „verständnisvolle Gesprächskultur“ und „Respekt vor der Hochschulautonomie“, dagegen: keine Stärkung der kollegialen Selbstverwaltung („klare Verantwortlichkeiten“), keine relevanten Änderungen der Finanzierung („Schuldenbremse“), keine „Experimentierklausel“ beim Übergang von Bachelor zu Master. Das „Renommee“ Hamburgs sei durch die Wissenschaft zu fördern. Eine eindeutige Zivilklausel zur Überwindung rüstungs- und kriegsorientierter Forschung und Lehre schade der Öffnung der Hochschulen für die Unternehmen. Die Förderung von „Exzellenz“ sei ein „natürlicher Prozeß“: die „Stärken stärken“.
Kann dieses Credo für Wettbewerb und Vorteilsnahme als human gelten?
Akademischer Senat und kritische Hochschulöffentlichkeit haben ihrerseits positive Maßstäbe in Diskussion und Praxis gesetzt: Frieden, globale Gerechtigkeit und soziale Demokratie sind verbindende Ziele für Wissenschaft bzw. die Entfaltung mündiger Persönlichkeiten und die demokratische Autonomie der Bildungseinrichtungen. Dies bedarf erheblich besserer öffentlicher Finanzierung. Der Mief der neoliberalen Ära (Leistungsorientierung und Konkurrenz – Kennzahlen und „Bologna“) soll gründlich ausgelüftet werden; das Studium und die Verhältnisse der Hochschulangehörigen brauchen eine erneute soziale Weitung. Eine fortgesetzte Reform des Hochschulgesetzes für starke Mitbestimmung aller Gruppen ist in diesem Zusammenhang erforderlich. Ein geheimniskrämerischer Hochschulrat wird folglich weiterhin als aufgesetzter Fremdkörper wahrgenommen. Auf diese Weise entsteht Souveränität. Das ist auch frischer Wind für die Stadt.
Ach ja: Immerhin „wünscht“ sich die Wissenschaftssenatorin „weniger Spardiktate“, „mehr Studienplätze“ und „wahrnehmbaren Druck aus den Hochschulen“ in Hinblick auf die Haushaltsverhandlungen 2017/18.
Nehmen wir sie beim Wort.