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Was „Universität“ sein kann...
„Die Möglichkeit ist nicht die Wirklichkeit, doch auch sie ist eine Wirklichkeit: daß der Mensch eine Sache tun oder lassen kann, hat seine Bedeutung, um zu bewerten, was wirklich getan wird. Möglichkeit bedeutet »Freiheit«. Das Maß der Freiheit geht in den Begriff des Menschen ein. Daß es objektive Möglichkeiten gibt, nicht Hungers zu sterben, und daß dabei Hungers gestorben wird, hat anscheinend seine Bedeutung. Aber die Existenz der objektiven Bedingungen oder Möglichkeiten oder Freiheiten reicht noch nicht aus: es gilt, sie zu »erkennen« und sich ihrer bedienen zu können. Sich ihrer bedienen zu wollen.“
Antonio Gramsci, Einführung ins Studium der Philosophie, Der Alltagsverstand, Heft 10, Teil II, § (48), 1932-35.
Trägt die Universität zur Befreiung bei?
Jedes Jahr bezeugen die Krankenkassen, daß zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Studierenden an psychischen Erkrankungen leiden. Etwa die Hälfte der Studierenden meldet schlecht auszuhaltenden Streß. Würde in den anderen Mitgliedergruppen gefragt, wären die negativen Belastungen nicht geringer.
Entfremdend wirkt, daß Verkaufen und Verwerten vor Verstehen und Verändern gehen soll.
Forschen, Lehren, Studieren für bessere gemeinsame Lebensverhältnisse – nur wenn es dem ökonomisch forcierten und politisch organisierten Shareholder-Value nützlich ist und die Schuldenbremse eingehalten wird? Das ist keine gesellschaftlich verantwortliche Mündigkeit.
Im lebendigen Widerspruch dazu bewegen sich etliche Mitglieder der Universität: für Soziales, Grundrechtliches, Frieden, Antifaschismus, Ökologie und andere sinn-, solidaritäts- und zukunftsstiftende Angelegenheiten. Es wäre sicher aufschlußreich, einmal zu erheben, wie viele Betreuungseinrichtungen, Flüchtlingsdienste, Kitas, NGOs und so weiter in Stadt und Land nur mit dem Engagement von Studierenden oder anderen Hochschulmitgliedern noch funktionieren – ehrenamtlich oder niedrig bezahlt.
Die Universität könnte und müßte mehr und mehr ein Reflexionsraum für solche Arbeit und Ambitionen sein. Controlling, Drittmitteljagd (Exzellenz), Multiplechoice-Gepauke und Exmatrikulationsangst, soziale Not und permanente Unterfinanzierung sind Hürden, die grundlegend beseitigt gehören.
An der Universität sind enorm viele Menschen versammelt: mit weitreichenden Hoffnungen, zu einem aufgeklärten, menschenfreundlichen und sozial progressiven Leben Aller beitragen zu können; die dafür die Kulturgeschichte der Menschheit und naturwissenschaftliche Erkenntnisse erschließen und die Ökonomie von der Seite der Gerechtigkeit und nicht des Profits begreifen wollen; die Medizin als Heilung und nicht als Verwertung und das Recht als Ermöglichung gleicher Würde und nicht als Hierarchie der Normen begreifen.
Eine Verständigung darüber, wie solches Verlangen nach relevantem Sinn im universitären Alltag stärker zur Geltung gebracht und für die Gesellschaft fruchtbar gemacht werden kann, ist jederzeit möglich und geboten.
Jede Initiative dafür ist wertvoll.
Dafür müssen alle politischer werden.
Wenn die Richtung human bestimmt ist, finden sich Mitwirkende.