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Solidarische Wende
„Dass die Amerikaner heute nach einer Alternative zu dieser Kapitalismusversion suchen, ist – so überraschend das klingt – offenkundig. [...] Eine Erklärung für diese erstaunliche Meinungswende dürfte darin liegen, dass so gut wie alle durch die wirtschaftliche Erholung generierten Einkommenszuwächse den reichsten fünf Prozent zugeflossen und dass die neu geschaffenen Jobs – netto neun Millionen – überwiegend prekär sind: befristet, on-demand, Gelegenheitsarbeiten, Jobs als Subunternehmer oder »Selbstständige« (die nicht selten auf Scheinselbstständigkeit hinauslaufen). Nun also hat »Sozialismus« Konjunktur, in Amerika! Ende 2015 entdeckte eine Umfrage der »New York Times« bei 56 Prozent der Demokraten, darunter 52 Prozent der Anhängerinnen und Anhänger Hillary Clintons, ein vorteilhaftes Sozialismusbild. Schon im Jahr 2011 – zu einer Zeit, wo es wohl noch keinen einzigen Jugendlichen in den USA gab, der Bernie Sanders erkannt hätte, bei einer polizeilichen Gegenüberstellung beispielsweise – ergab eine Pew-Umfrage, dass 49 Prozent der unter 30jährigen Amerikaner (und nicht nur der jüngeren Demokraten) Sozialismus für etwas Gutes hielten, während lediglich 46 Prozent den Kapitalismus positiv beurteilten.
Die Sanders-Kampagne hat also die neue amerikanische Linke weniger geschaffen als vielmehr offen gelegt, dass eine solche im Entstehen begriffen ist.“
Harold Mayerson: „Die Revolution der Demokraten: Mit Sanders über Clinton hinaus“, Blätter für deutsche und internationale Politik, 8/2016.
In den USA „Sozialist“ oder „liberal“ zu sein, läßt sich am besten mit links übersetzen: Politisch gleiche Rechte aller Menschen sowie sozialer Fortschritt für die große Mehrheit (allgemeiner Krankenversicherungsschutz, Gebührenfreiheit der Bildung, hohe Löhne und starke Arbeitnehmerrechte), finanziert durch eine höhere Besteuerung der Reichsten, sind damit meist gemeint – verbunden mit der Einsicht, daß auch die Freihandels- und Kriegspolitik beendet werden muß.
Diese Tendenz wird international immer stärker. Das Beispiel der USA ist bedeutsam, weil bisher erstens von diesem Land die größte militärische und ökonomische Zerstörungsmacht ausgeübt wird; aber das wird verändert. Zweitens wird dort mit langer Tradition von einem immensen militärisch-medial-industriellem Apparat versucht, Allen permanent einzutrichtern, eine menschenfreundliche Vernunft und Solidarität seien krankhafte bzw. gemeingefährliche Schwächen; einzig gesund sei Egoismus, Geschäftssinn und eine gründliche Portion Skrupellosigkeit („Freiheit“). Donald Trump ist derzeitig das Zugpferd dieser Kampagne.
Diese Manipulation wirkt immer weniger. Sie trifft nicht nur auf eine krass ungerechte soziale Realität, die alle wahrnehmen können, sondern auch auf engagierte Aufklärer aus Bürgerrechts-, Friedens-, Studierenden-, Occupy-Wallstreet-, Ökologie- und anderen Bewegungen.
Unter vielen machte die Runde: Der Egoismus – von Staaten oder Individuen – hat allen geschadet, ist eine dauerhafte Devotion vor den Banken oder anderen Mächtigen und hat mit Klugheit, Mut, wertvoller Arbeit, guten Produkten, Zuversicht und Schönheit absolut gar nichts am Helm.
Was also tun?
„Der einzelne erwartet, daß der Organismus handelt, auch wenn er nicht tätig wird, und er überlegt nicht, daß gerade deshalb, weil seine Einstellung sehr verbreitet ist, der Organismus notwendig untätig ist.“
(Antonio Gramsci)
Fairness, Solidarität und Zivilität sind menschliche Bedürfnisse. Wer davon spricht, etwas dafür tut, verbessert die Welt. Das Lachen der so gewonnenen Freunde vertreibt auch den fürchterlichen Hohn.