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Zum wievielten Mal: Weltgeltung?!

„Gundelach: [...] Aber in den letzten 20 Jahren hat sich die Gesellschaft stark gewandelt. Wir haben erhebliche Migrationsbewegungen und sind wirtschaftlich viel stärker vernetzt. Wir sind auch technologisch in Gefahr, von außen überrollt zu werden. Das kommt jetzt in den Köpfen an. Viele haben erkannt, dass eine Stadt, die zukunftsfähig sein will, eine optimale Universität braucht. Durch die Globalisierung stehen wir vor neuen Fragen. Zum Beispiel: Wie können neue Kulturen integriert werden und wie können wir in anderen Ländern Fuß fassen? Deshalb brauchen wir nicht nur die Naturwissenschaften und die Technik, sondern auch die Geisteswissenschaften.“

Die Welt (Online), „Gundelach wirbt für Beteiligung der Wirtschaft“, 26. Juli 2008.

Dividende ohne Ende? - Dieser schlichten Doktrin folgt auch die neue Wissenschaftssenatorin. CDU verpflichtet. Die „Schicksalsgemeinschafts“-Rhetorik, derzufolge „wir“ („Deutschland“ oder „Du“) im internationalen Kampf der Standorte höchst gefährdet seien, macht das kriegerische Wesen dieser Anschauung deutlich. Konservatismus ist im Kern nichts anderes.

Kultur, Gesellschaft, Menschen, Wissenschaft und Leben bleiben so gründlich unverstanden: Denn „Wirtschaft“ gibt es auch, wenn nicht der Profit und damit ein selbstsüchtiges Minderheitsregime rücksichtslos dominiert. Das (internationale) Zusammenleben ist nicht natürlicherweise – sondern wesentlich bedingt durch die systematische soziale Ungleichheit – von Konkurrenz getrieben. Menschen werden nicht egoistisch geboren. Wissenschaftlicher Fortschritt entsteht nicht aus Opportunismus, sondern seit Menschengedenken aus der Kritik am Gängigen (Wagnis), und das individuelle Leben ist von gesellschaftlichem Lernen nicht zu trennen. Die Universität wäre deshalb – ginge es vernünftig zu – eine kooperative Lehr- und Lerngemeinschaft für eine friedliche, demokratische und soziale Welt.

Frau Gundelach hingegen sieht in Bildung und Wissenschaft nicht einen wesentlichen Modus emanzipatorischer Weltaneignung, sondern ein Instrument der imperialen Standortsicherung.

Deshalb soll sich die Universität in den Bereichen „Nano-Technologie“, „Logistik“, „Lifescienes“ etc. marktmäßig profilieren (sonst überollten uns die süd-ostasiatischen Horden). Außerdem sollen „Kulturen integriert werden“, um global für Deutschlands Platz an der Sonne zu werben. Alle Wissenschaften vom Menschen (und für ihn), von seiner Geschichte, Kultur und sozialen Entwicklung hätten letztlich dienende Funktion für die private Ökonomie („soft skills“) anstatt eine konsequenzenreiche Bedeutung für Aufklärung, humanistische Kritik, kooperative Verständigung und daraus resultierend: für eine wahrhaft allgemein produktive Entwicklung der Zivilisation.

Deshalb sollen auch alle vernünftigen Errungenschaften vorangegangener sozialer Kämpfe zwischen die Mühlräder einer scheinbar endlosen Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft geschoben werden: Chancengleichheit, die soziale Ermöglichung lebenslangen Lernens, demokratische Selbstverwaltung, eine bedarfsgerechte öffentliche Bildungsfinanzierung, ein aufgeklärter Impetus und ein kritischer Gesellschaftsbezug gelten genauso als Pofel wie eine geschichtsbewußte Kultur der Universität.

Ihre scheinbare Legitimation für die destruktiven Umsiedlungs- und Abrißpläne gegen die Uni und für die Fortsetzung der sozial abschreckenden und kulturell drangsalierenden Studiengebühren bezieht diese Senatorin also aus einem gescheiterten und anachronistischen Programm, das in deutlichem Gegensatz zum Gehalt und Zweck von Bildung und Wissenschaft sowie zu einer vernünftigen internationalen Entwicklung steht.

So kann es nicht weitergehen. Dem konservativen Programm von Gestern (marode) sollten sich alle entschieden fortgeführt widersetzen. Die Universität ist so eine verbindende und nützliche Aufgabe und das engagierte Leben hat einen reellen Sinn.