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Das Weltbild der Frau Auweter-Kurtz
„Die Anstalt dient einem Zweck: Menschen sollen in ihr aufbewahrt, gebessert, gedrillt, erzogen, zur Arbeit angeleitet werden ... aber in allen regiert über Menschen und Sachen der soziale Geltungsdrang einer herrschenden Klasse.“
Kurt Tucholsky, „Die Anstalt“, 1929. html
Auch Behinderte, Eltern oder Ausländer könnten ja reich werden. Diese weltanschauliche Bemerkung – frei von Ironie – legitimiere die Abschaffung aller „Befreiungstatbestände“ in einem künftigen Studiengebührengesetz, wenn es nach Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz ginge.
Im neuen Gesetzentwurf ist bisher vorgesehen, daß alle Studierenden pro Semester 375 Euro zahlen sollen, die ggf. bis zum 14 Semester, in Sonderfällen auch länger gestundet würden. Wer sozial besonders benachteiligt ist, soll sich also besonders verschulden dürfen. – Darauf ein Gläschen schwäbische Spätlese!
Frau Auweter, von Profession eine deutsche (Raketen-)Ingenieurin, befürwortet – ohne des Zweifels Blässe – Studiengebühren rundum. Die „Autonomie“ der Universität will sie gegen senatliche Gängelung für den „Wettbewerb“, nicht für mehr Demokratie hergestellt sehen. Derweil die neue Wissenschaftssenatorin für die Universität einen Restaurierungs- und Neubaubedarf mit einem Volumen von 500 Mio. Euro feststellt und die Kanzlerin einen „Masterplan“ zur Campusneugestaltung stylen läßt, hält die Präsidentin den artikulierten Bedarf an universitärer Mitbestimmung (Bauplanungsausschuß) in diesen Angelegenheiten für einen Affront.
Ansonsten werden Haushalte überrollt, werden Sponsorenfelder geöffnet, wird Personal bewirtschaftet, wird Bezahlung leistungsorientiert und die Mittelverteilung neu geordnet.
Wirken so vernünftige Menschen? Ist auf diese Weise eine Universität verantwortlich gestaltet?
Keines dieser widersprüchlichen Themenfelder wurde im Akademischen Senat (AS) vertiefend behandelt und kritisch erörtert. Der berechtigte Unmut bleibt verhalten und wird in Artigkeiten weggeklemmt. Das ist nicht ohne Alternative. Sie besteht in der offenen Artikulation von Kritik.
Durch Wirklichkeit fundierte Erkenntnisse haben eine erfreulichere Gestalt: Hier soll gelernt, gelehrt und geforscht werden, um mündiges Eingreifen für eine gerechte, demokratische und friedliche Welt zu ermöglichen. Demokratische Mitbestimmung, kollegiale Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg, das tätige Lernen aus der Geschichte, eine hohe Bedeutung von Internationalität und wissenschaftlichem Friedensengagement sind einzig zeitgemäß, menschenwürdig und deshalb wegweisend. (Die im AS erfolgte Bekräftigung der Notwendigkeit eines universitären „Rats für Fragen der Wissenschaftsethik“ ist ganz in diesem Sinne.) Auch Gebührenfreiheit und eine bedarfsorientierte Finanzierung des Lernens und der Bildungseinrichtungen gehören zu diesem humanen Programm.
Nur wer seine Möglichkeiten couragiert wahrnimmt, hat einen weiten Horizont und übersieht nicht die naheliegende Solidarität.
Das technokratische Regiment scheitert, wenn vermehrt Kleines klein und Großes groß genannt wird. Heiterkeit bleibt dann nicht aus. Im Ernst.