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Zur Präsidentenfindung: Aufgeklärtes Handeln oder Business as usual?
„Die Gesellschaft als Ganzes braucht Verbesserungen nicht weniger als der einzelne Mensch.“
Bertolt Brecht, „Über Gesetze“, Me-ti. Buch der Wendungen.
Ist Barak Obama ein Friedenspräsident? – Diese Frage beschäftigt die Welt.
Das international friedliche Zusammenleben als kulturelle Entfaltung auf sozial gesicherter Grundlage ist ein Menschheitsideal. Es wird nicht dadurch falsch, daß es vielfach negiert sowie als unrealistisch denunziert wird.
Die große Ambition – weltweite (atomare) Abrüstung, wirtschaftliche Kooperation, gesicherte natürliche Lebensgrundlagen, soziale Progression und innenpolitische Entmilitarisierung – verdient uneingeschränkt praktische Zustimmung.
In diesem Zusammenhang ist beispielsweise der friedensschaffende Beitrag desertierender US-Soldaten ungleich größer als der ihres obersten Befehlshabers.
Der Friedenspreis ist somit vor allem ein Signal an die US-amerikanische Reaktion, an ihren schädlichen Bellizismus. Es sind schon schlechtere Entscheidungen in Oslo gefällt worden.
Für die verantwortungsvolle Durchsetzung humanistischer Ziele bedarf es aber aufgeklärter kritischer Bewegungen in der Gesellschaft. Darin hat „Universität“ eine positive geistige Aufgabe.
Bekommt die Universität Hamburg nun also – nach dem hiesigen Scheitern der strikt uneinsichtigen Frau Auweter-Kurtz – einen demokratischen Präsidenten resp. eine demokratische Präsidentin?
Wird für die Überwindung der strukturellen Unterfinanzierung und die Gebührenfreiheit gekämpft?
Werden die progressiven Ansätze in der Friedens-, Konflikt-, Klima- und Bildungsforschung universitär und gesellschaftlich verallgemeinert?
Ist egalitäre argumentative Verständigung der Modus der Weltaneignung für die erfreuliche Entwicklung der Institution?
Oder wird – wie es Hochschulrat, Präsidium und der etwas unambitionierte Akademische Senat nahelegen – die Auslieferung der Universität an die private Wirtschaft moderiert fortgesetzt? Die inneruniversitäre Konkurrenz und Machtpolitik vertieft? Der humane Nutzen gesellschaftskritischer Wissenschaften, die Partizipation, die Notwendigkeit sozialen Fortschritts negiert?
Das bisherige Verfahren zur Präsidentenfindung berücksichtigt nur unzulänglich gewonnene Erkenntnisse und Ansprüche. Gespräche und Auswahl hinter verschlossenen Türen sowie die Beteiligung einer Head-Hunter-Firma (Egon Zehnder Int.) sind einer demokratischen Institution immer noch vollständig unangemessen. „Wissenschaftliche Qualifikation“, „Leitungs- und Gremienerfahrung“, „internationale“ Vernetzung und „Kommunikationskompetenz“ (Text der Stellen-Ausschreibung) sind keine ausreichenden Kriterien für die Suche nach einer verantwortungsbewußten kooperativen Persönlichkeit.
Die Kämpfe der vergangenen Semesters für die Re-Demokratisierung der Hochschule, die vernünftige Erweiterung der Universität an ihrem derzeitigen Ort („Uni bleibt!“), für solidarisches Lernen und nicht zuletzt Gebührenfreiheit haben die Aussicht dafür geschaffen, einen vernünftigen Neubeginn zu wagen.
Erst die große Ambition ist dem gemeinsamen wie individuellen Handeln eine souveräne und sinnvolle Orientierung.
Die Qualität der präsidialen Leitung hängt wie immer von der anspruchsvoll demokratisch engagierten Hochschulöffentlichkeit ab. Auch deshalb müssen das Anhörungsverfahren und die Diskussionen zur Präsidentenfindung, die für November/Dezember geplant sind, noch durch den Akademischen Senat für alle geöffnet werden.