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Erpresser landen üblicherweise im Gefängnis
„Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Strafgesetzbuch, § 253, (1) Erpressung
Senator Dräger drängt die Universität Hamburg, das Geomatikum an den Siemens-Konzern zu verkaufen. Das Kalkül: Entweder die Uni unterwirft sich den Forderungen des profitdicken bayerischen Weltkonzerns, oder die Bausubstanz wird dem Verfall überlassen. Mit dieser Politik sollen nicht nur die baulichen Grundlagen der gruppendemokratischen Massenuniversität, sondern sie selbst, d.h. gesellschaftskritische Rationalität, demokratische Kultur und soziale Offenheit der Universität geschliffen werden. Um diesen Kurs durchzusetzen, verweigert der Senator seit Jahren die Mittel für die dringend notwendige Grundsanierung des 70er-Jahre-Gebäudes, so daß die Fassade des 86-Meter-Hochhauses mittlerweile lebensbedrohlich bröckelt. In einer öffentlichen Kampagne wurde der Universität von Senat und Springer-Presse die Schuld dafür in die Schuhe geschoben. Die Universität Hamburg soll nun gezwungen werden, einer sogenannten „privat-öffentlichen Partnerschaft“ mit der Siemens AG (Jahresumsatz: 75 Milliarden Euro) zuzustimmen, sonst bliebe die Gebäudesicherheit nun mal das Problem der Uni. Nach der Verscherbelung des Gebäudes soll Siemens an der Rückvermietung kräftig verdienen und das Haus auch noch als Experimentierfeld für seine neuen Technologien zur Gebäudebewirtschaftung nutzen können. Für die Investitions-, Sanierungs- und Betriebskosten soll selbstverständlich weiter die Universität aufkommen. Der Technikkonzern, der schon in Kaiserreich, Faschismus und zwei Weltkriegen außerordentlich „verdiente“, soll als Herr im Hause der Naturwissenschaften die widerborstige Rationalität der Uni brechen, um die gewünschte Humankapitalschmiede für den Krieg der Standorte zu erhalten.
Siemens-Chef Klaus Kleinfeld führt im eigenen Laden vor, wohin die Reise gehen soll: Sparten und Mitarbeiter werden gegeneinander aufgehetzt, um die eigene Abteilung im Kampf um die maximale Rendite gut aussehen zu lassen. Wenn die Belegschaft nicht spurt oder nicht mehr kann, wird sie mit Verkauf, Abwanderung oder Schließung bestraft. Mit ihrer einzelkämpferischen anti-politisch technokratischen Haltung verfallen die Ingenieure leider vielfach dem kalten Glamour ökonomischer Macht. So reift in bayerischer Provinz-Tristesse und mit expandierenden Weltmarktambitionen die explosive Expertise des Konzerns für Nuklear- und Rüstungshightech. Dabei blättert Siemens, um seine nachfrageflaue Handysparte loszuwerden, schon mal 350 Millionen Euro Mitgift auf den Tisch, denn bei allem zivilen Moderngetue ist das traditionell Krisen schaffende, profitsichere Rüstungsgeschäft weiterhin das beste Konzernstandbein; so hält Siemens z. B. einen 49prozentigen Anteil an der Waffenschmiede Krauss-Maffei Wegmann (Verkaufskracher: Panzer „Leopard“). Und: An welchem Atommeiler im Nahen Osten hat Siemens eigentlich nicht mitgebaut?
Mit den Hochschulen hat Siemens schon so einige Erfahrungen. An der TU-München nutzte Ex-Konzernchef und Merkel-Berater Heinrich von Pierer den von den CSU-Amigos gekauften Sitz im Hochschulrat, um Siemens den Bau des fast eine Milliarde Euro teuren Atomreaktors in München Garching zuzuschanzen und damit den Atomausstieg und das greifbar nahe Ende des Handels mit atomwaffenfähigem Uran zu unterminieren. Dagegen setzte der Akademische Senat der Uni Hamburg im Februar 2005 einen wissenschaftlich souveränen, friedens- und energiepolitschen Kontrapunkt: „Verantwortung ist konkret: München Garching“, der die Kooperation eines DFG-Projekts mit dem Siemens-Forschungsreaktor begründet zurückwies.
Die couragierte Kritik der verwertungsdienlichen Technokratie ist Voraussetzung der humanen Weiterentwicklung der Errungenschaften der sozialen Kämpfe der 1970er Jahre. Demokratische Verfaßtheit, soziale Öffnung und kritischer Gesellschaftsbezug in den Wissenschaften sind wichtige Elemente, um die Freiheit der Wissenschaft von unmittelbaren Profitanforderungen für deren Nutzung zum Wohle aller zu erkämpfen. Dazu gehören auch Erhalt und Ausbau des öffentlichen Eigentums, d. h. für die Gebäude der Universität.
Hier ein Wegweiser:
„Wir, die Mitglieder der Universität Hamburg aller Statusgruppen, sehen uns verpflichtet, das wissenschaftliche Wirken für Wahrheit und Humanität nie wieder unmenschlichen Zielen und selbstsüchtigen Interessen zu opfern, sondern es zu verteidigen und weiterzuentwickeln.“
Aus dem Beschluß „Der Humanität und Wahrheit verpflichtet“, Zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 und zum 60. Jahrestag der Wiedereröffnung der Universität Hamburg, beschlossen am 27. Oktober 2005 durch den Akademischen Senat.
Die Beschlüsse „Verantwortung ist konkret: Keine Kooperation mit München Garching“ und „Der Humanität und Wahrheit verpflichtet“ sind nachzulesen in unserer Broschüre zur Dokumentation von studentischen Anträgen und Beschlüssen des Akademischen Senates „Demokratisches Engagement und humanistische Aufklärung – Eine politische Bilanz III“, zu finden unter www.bae-hamburg.de/artikel_3.html