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Die Uni als humanistische Handlungseinheit?
„Auch Naturwissenschaften sind Kultur und Geistesbetätigung. (…) Fraglos fußt Geist auf Natur: Kein Geist ohne Gehirn, sonst wird er zum Gespenst. Doch erfassen kann sich Natur nur als Geist. Und das subjektive Erleben solchen Erfassens versteht sich selbst gerade nicht als Epiphänomen [Anhängsel]. Es bewegt sich in sinnhaften Konzepten unter Einschluss von den aufs Handeln gehenden Perspektiven von ›Warum‹ und ›Wozu‹. (…)
Geist steht für die spannungsvolle Dynamik von Subjektivität und Kultur. Als Teil von Kultur machen Geisteswissenschaften diese zum Thema. Dies erlaubt uns, uns in unserer kulturellen Lebenswelt besser zurecht zu finden. Geisteswissenschaften ermöglichen Orientierung.“
Jörg Dierken: Was sind und wozu gibt es Geisteswissenschaften? – Hamburger Reflexionen, in: ders. mit A. Stuhlmann (Hg.): Geisteswissenschaften in der Offensive. Hamburger Standortbestimmungen, Hamburg 2009, S. 18ff.
Die „Geisteswissenschaften in der Offensive“ sind eine Gegenbewegung zur Unterwerfung aller Wissenschaften unter die nicht menschenwürdigen Vorgaben globalen ökonomischen Wettbewerbs.
In Hamburg wurde diese Haltung in Auseinandersetzung mit konservativen Senaten und einer über diese hinaus anhaltenden Propaganda für „Fortschritt durch Technik“ herausgebildet. Deshalb sind – Unterfinanzierung, Bolognarisierung, Kommerzialisierung zum Trotz! – die Geistes- und Sozialwissenschaften hier in einer (dezimierten) Vielzahl sogenannter kleiner und Laberfächer weiter lebendig.
Im besseren Fall geht es dabei um das Woher und Wohin des Menschen (als Person und als Gattungswesen). Es geht um den Zusammenhang des sozialen und kulturellen Seins und die verstehende, produktive und kreative Begegnung zwischen Menschen und Kulturen. Die Wirklichkeit wird an dem Maßstab der menschlichen Würde reflektiert und mit dem Horizont der Möglichkeit einer vom Elend befreiten, friedlichen, gerechten, vielfältigen und immer weiter entwickelbaren Zivilisation.
In solcher Weise wirken weder scheinbar neutrale Technik noch bloße Empirie, weder Rechenmodelle noch Rechtsdogmen, weder L’art pour l’art noch elitäre „Verfeinerung“ oder die (ideelle) Dekonstruktion von (tatsächlichen) Strukturen. Insofern gibt es auch keinen Vorrang der einen Wissenschaft vor den anderen. Der politische Erfolg Trumps macht erforderlich, das ausgemacht Politische und notwendig Philosophische aller Wissenschaften ins gemeinsame Bewußtsein zu rufen. Der brutale Irrationalismus an der Macht ruft rationales Engagement hervor.
In den USA bereiten Wissenschaftler*innen für den 22. April 2017 den „Sience March on Washington“ vor. Ihre Kritik wendet sich auch gegen den wachsenden Einfluß der Industrie. Einen erklärten Freund der Öl-, Gas- und Kohle-Industrie zum Chef der Umweltbehörde zu machen, ist bei allem symptomatischem Wahnsinn eben doch eine – durchaus endliche und tragödientaugliche – Methode der Profitsteigerung.
Objektiv ist das eine Maßnahme gegen die Wahrheit und die Mehrheit.
Das ist zu beenden: Humanistisch engagiert, öffentlich und kooperativ!
Das kann Universität auch sein: Solidarisch und dem sozialen Leben zugewandt, für eine Rekonstruktion wissenschaftlicher Allgemeinbildung im Studium, in Überwindung des neoliberalen Kulturverlusts, als Opposition zu „Austerität“ und Militarismus („G20“ in der Nachbarschaft!), weltoffen und verantwortlich. So ist sie das alltägliche Zusammenwirken ihrer Mitglieder: Veränderbar, mit großem gegenwärtigem Potential.