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Pur technischer oder sozialer Fortschritt?
„Eine Stadt wie Hamburg, die sich in der Tradition der Aufklärung weiß, die nach einem vernunftgeprägten, toleranten Miteinander strebt und sich als Ankunftsstadt versteht, in der die, die zu uns kommen, genauso eine Perspektive finden wie alle, die schon lange hier leben – eine Stadt wie Hamburg, die kann gar nicht anders als auch eine Stadt der Wissenschaft zu sein. Es war sicher kein Zufall, dass der grüne Laserstrahl zur Eröffnungsfeier des European XFEL [Röntgenlaser Forschungsanlage] nicht nur den Hafen, sondern – ausgehend von der Elbphilharmonie – auch die Kultur mit der Wissenschaft verbunden hat.“
O. Scholz, „Hamburg – Eine Metropole der Wissenschaft im Norden“, Rede vor dem Übersee-Club, 28.11.2017.
„Scholz sprach auch von einer »Stärkung der Universität Hamburg«. Was das konkret bedeutet, ließ er offen. Nicht näher erläuterte er zudem, wie die »Entwicklung der Geistes- und Sozialwissenschaften« aussehen könnte, die künftig »im Fokus« stünden. Exzellenz sei aber auch hier wichtig.“
Hamburger Abendblatt: „Wird Hamburg Nordeuropas Wissensmetropole?“, 29.11.2017.
Der Hamburger Bürgermeister reitet auf einem grünen Laserstrahl…
Auch das Hamburger Abendblatt hat die Einseitigkeit bemerkt: Als er jüngst vor dem hamburgischen Establishment seine Rede zur Bedeutung der Wissenschaft für die Stadt hielt, juckte es den Unternehmern erheblich in den Fingern: „Innovation“ und staatliche Investitionen in den Ausbau von grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung sowie in die Lehre – sofern sie dem technologischen Konkurrenzvorsprung des Wirtschaftsstandorts dienen – sollen Vorrang erhalten.
Die ebenso angesprochenen Maßstäbe sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit, friedlicher internationaler Kooperation und Entwicklung und einer aufgeklärten Demokratie – verbunden mit der Forderung nach mehr Studienplätzen – entbehren beim Hamburger Senat ohnehin praktisch jeder materiellen und politischen Konsequenz.
Warum?
Der Redner stellt – trotz der offenkundigen Krise der Gesellschaft und der SPD – weder die Marktmacht größter Konzerne noch die systematische Steuervermeidung der Reichsten und Gewinngrößten, noch die wachsende soziale Spaltung in Stadt, Land und Welt, noch die restriktive Haushaltsführung vermittels der „Schuldenbremse“, noch den politisch geschürten Rassismus nebst eigener Abschiebungs- und Verwahrungspolitik gegenüber Flüchtlingen und Migranten in Frage. Eigentlich werde alles immer besser, besonders weil die Stadt auf „technische Innovation“ setze.
Die Probleme dieser Gesellschaft sind hingegen auf den Begriff zu bringen, damit durchgreifend zu ihrer Lösung beigetragen werden kann. Wissenschaft, die sich als Teil sozialer Kämpfe für eine gerechte, friedliche und demokratisch entfaltete Menschheit versteht, kann dies und sollte dies zunehmend tun. Bertolt Brecht brachte diese Notwendigkeit auf den Punkt:
„Galilei: Der Kampf um die Messbarkeit des Himmels ist gewonnen durch Zweifel; durch Gläubigkeit muss der Kampf der römischen Hausfrau um Milch immer aufs Neue verlorengehen. Die Wissenschaft, Sarti, hat mit beiden Kämpfen zu tun.... Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein.“
Bertolt Brecht: Das Leben des Galilei, 14. Bild, 1939.
Ausgangspunkt und Ziel jeder menschengerechten Wissenschaft ist der Mensch. Kooperativ gebildet, kritisch, couragiert und solidarisch. Damit lässt sich jederzeit beginnen.