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„Falstaff“
oder
Wie man den Krieg ablehnt

„Ist der Krieg unnötig, ist auch die Tapferkeit unnötig. Sind die Institutionen gut, muß der Mensch nicht besonders gut sein. Freilich ist ihm dann die Möglichkeit gegeben, es sein zu können. Er kann frei, gerecht und tapfer sein, ohne daß er oder andere zu leiden haben.“

Bertolt Brecht, „Me-ti, Buch der Wendungen“, „Das Land, das keine besonderen Tugenden nötig hat“, entstanden in den 1930er Jahren des Exils.

Welch ein Schauspiel!

In dem Film „Falstaff“ von 1965 (BRD 1968) hat Orson Welles aus mehreren Stücken William Shakespeares meisterlich eine Drehbuch- und Filmhandlung zusammengefügt, in deren Mittelpunkt der kleinadelige Lebemann Falstaff (verkörpert von ihm selbst) steht.
Sein Freund ist der Prinz Hal (Keith Baxter), Sohn des Königs Heinrich IV (gespielt von dem sehr britischen John Gielgud), welcher durch Mord unrechtmäßig an die Macht gekommen ist. Hal und Falstaff vergnügen sich im Freudenhaus (die Wirtin wird von der hervorragenden Margaret Rutherford gespielt), gehen kriminellen Aktivitäten nach und scheren sich wenig um Glanz, Ränke und Macht.
Als aber Hal´s Vater Heinrich wiederum durch einen Putsch der Gegenseite entmachtet werden soll, müssen beide in den Krieg ziehen.
Hier besticht Falstaff durch einen bündigen Antikriegsmonolog:

„PRINZ: Was? Einen Tod bist du Gott ja doch schuldig. (Prinz geht ab)
FALSTAFF: Der ist noch nicht fällig – und mir wärs leid, eher zu bezahlen als zu seiner Zeit. Was brauch ich so voreilig sein mit ihm, der mich nicht mahnt. Freilich, das tuts nicht: Die Ehre spornt mich an. Ja, aber wie, wenn mich die Ehre abspornt, wenn ich auf sie höre? Was dann? Kann die Ehre mir ein Bein ansetzen? Oder einen Arm? Oder von einer Wunde den Schmerz wegnehmen? Nein. Die Ehre ist also kein geübter Wundarzt? Nein. Was ist dann die Ehre? Ein Wort. Was ist in diesem Wort Ehre? Was ist diese Ehre? Luft. Eine einfache Rechnung! Wer hat sie? Der am Donnerstag gestorben ist. Fühlt er sie? Nein. Hört er sie? Nein Sie ist also nicht fühlbar? Nein, für die Toten nicht. Aber wird sie nicht mit den Lebenden leben? Nein. Warum nicht? Das läßt der Neid nicht zu. Die Ehre ist nichts als ein gemalter Wappenschild für einen Leichenzug, und damit ist mein Katechismus am Ende.“

Die filmische Darstellung zeigt die Schlacht als graues und breiiges Gemetzel. Schmutz, amorphes Gedränge und Leid dominieren. Hier fehlt jeglicher Glanz.
Nach dem militärischen Sieg der Partei von Heinrich IV erkrankt der König schwer und stirbt. Sein Sohn Hal wird als Nachfolger gekrönt und sagt sich ab vom alten „liederlichen“ Lebensstil mit Falstaff. Der ist nun tief gekränkt und stirbt im Nu vor Gram an „gebrochenem Herzen“. Die Kommentarstimme zum Ende des Films kennzeichnet Hal als künftig guten und noblen König.

Schauspiel, Monologe, Dialoge, Bilder und Sequenzen sind brillant. Ein eindrucksvolles Stück – auch Filmgeschichte - wider Krieg und Machenschaften mit aktueller Bedeutung...

Filmabend: »Falstaff«

ein Film von 1965 (Spanien, Schweiz)
Regie und Drehbuch: Orson Welles.
U.a mit Orson Welles, John Gielgud, Jeanne Moreau, Margaret Rutherford und Fernando Rey.

Eine Einführung zum Werk mit historischer Einordnung gibt
Dr. Wolfgang Beutin
Literaturwissenschaftler, Dozent und Autor.
Dienstag, den 12. Dezember 2017, um 19.00 Uhr,
im Raum 05 im Gebäude der Erziehungswissenschaft (PI), Von-Melle-Park 8.