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Krieg ohne Ende?
Das Friedensgutachten 2018
„Noch der niedrigste Pazifismus hat gegen den edelsten Militarismus tausendmal recht!“
Kurt Tucholsky, ,,Gegen das Remarque-Filmverbot“, in: Die Menschenrechte, 20.03.1931.
„Krieg ohne Ende. Mehr Diplomatie – weniger Rüstungsexporte“ ist der Titel des Friedensgutachtens 2018. Es wird jährlich von den vier großen bundesdeutschen Friedensinstituten herausgegeben. Eines davon ist das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH).
Die Bilanz der Wissenschaftler*innen ist düster und erhellend: Krieg, Rüstungsgeschäfte sowie nicht-staatliche Gewalt nehmen weltweit zu. Die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch den US-Präsidenten wird als fatale
Attacke gegen jede Form zivilisierender internationaler Politik gewertet: Wenn einmal „pacta sunt servanda“ nicht mehr gilt – ist die Kernvoraussetzung jeder Diplomatie gefährdet. Die europäische Diplomatie solle sich weiterhin gegen die ökonomischen Erpressungsversuche der USA richten, den Iran zu isolieren und einen Militärschlag potentiell zu unterstützen. In vielen Bereichen sind die Urteile und Empfehlungen klar und kritisch: Das von 122 UN-Mitgliedern im Juli 2017 beschlossene Atomwaffenverbot sollte endlich von der Bundesregierung unterstützt werden, weil die Aufrüstungsspirale unterbrochen werden muss. „Langfristig lässt sich die Teilhabe Deutschlands an den Nuklearwaffen der USA nicht mit dem Geist seiner Verpflichtung vereinbaren, auf Nuklearwaffen zu verzichten.“ „Deutschland sollte Verhandlungen mit den USA führen, um den Abzug dieser [in Deutschland stationierten] Waffen zu erwirken.“ Klar auch: „Die deutsche Rüstungsexportpolitik ist weder restriktiv noch friedenspolitisch sinnvoll.“ Den Angriff des türkischen Militärs auf Afrin stufen die Friedensforscher*innen als „völkerrechtswidrig“ ein und kritisieren die Fortsetzung von Waffenlieferungen an die Türkei und die zurückhaltende Kritik der Bundesregierung an den dortigen Menschenrechtsverletzungen scharf. Menschenrechte würden für eine restriktive Flüchtlingspolitik geopfert; unbedingt zu beenden seien die „Migrationspartnerschaften“ mit Ländern mit „verheerender Menschenrechtslage“ (Ägypten, Äthiopien, Libyen, Tschad und die Türkei). „Menschenrechtliche Kohärenz ist eine zentrale Voraussetzung für tragfähigen Frieden.“
Gegen diese klaren Urteile fällt die Einschätzung zum NATO/EU-Konflikt mit Russland etwas ab. Die Einkreisung Russlands durch die NATO-Staaten und deren aggressive Aufrüstung werden kaum problematisiert. Dennoch wird eine Wiederanknüpfung an die Entspannungspolitik der 1970er Jahre empfohlen: Gemeinsame Sicherheit, Abrüstung und wirtschaftliche Kooperation (statt Sanktionen) für Verbesserungen der Menschenrechtspolitik.
Es wäre besser, wenn die Friedensforschung konsequenter wäre. Krieg und Rüstung schaffen niemals Frieden. Die meisten wissen das. Man kommt nicht umhin, festzustellen: Wissenschaft wäre wahrhaftiger, wenn sie finanziell unabhängiger wäre.
Was für die Friedensforschung gilt, gilt für alle anderen Bereiche von Universität und Wissenschaft mindestens ebenso! Eine Welt ohne militärische Gewalt ist eine Notwendigkeit für das Überleben bzw. bessere Leben der Menschheit. Es ist unser aller Recht und Pflicht, die Frage danach zu stellen, wie diese Hoffnung verwirklicht werden kann, wie unser Beitrag dafür aussehen kann. Bedingungen und Ursachen von Krieg sowie von ziviler Konfliktlösung und Frieden, öffentliche Aufklärung und Kritik des Militarismus sollten keine Sonderdisziplin sein, sondern in allen Fächern eine Rolle spielen. Schließlich betrifft es alle. Da gibt es an der Universität viel zu thematisieren und zu verändern. Das gilt auch für die Wahlen zu den Fakultäts- und Fachbereichsgremien.
Das Friedensgutachten 2018 ist gedruckt im Buchhandel sowie
online unter: www.friedensgutachten.de/2018 erhältlich.