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Zivilisationsentscheidend
„Alle Leute haben eine Nähmaschine, ein Radio, einen Eisschrank und ein Telefon.
Was machen wir nun? fragte der Fabrikbesitzer.
Bomben, sagte der Erfinder.
Krieg, sagte der General.
Wenn es denn gar nicht anders geht, sagte der Fabrikbesitzer.“
Wolfgang Borchert, „Lesebuchgeschichten“.
Es geht anders.
Eine Große Anfrage der Bürgerschaftsfraktion der LINKEN (Drs. 21/12143) zeigt, daß an den meisten öffentlichen und teil-öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Hamburg das Engagement für Frieden, Abrüstung, zivile Konfliktprävention und -bewältigung vielfältig ausgeprägt vertreten wird. Hervorhebenswert ist, daß die Hochschule für Angewandte Wissenschaft („HAW“ – mit Fächern wie Maschinen- und Flugzeugbau, Kommunikationstechnologien etc.: besonders interessant für die Rüstungsforschung.) eine Zivilklausel hat, die auf Forschung und Lehre zu zivilen Zwecken verpflichtet. Auch die MIN-
Fakultät der Universität „will allein zu friedlichen Zielen beitragen und nur zivile Zwecke erfüllen.
Ihre Mitglieder richten deswegen Forschung und Entwicklung, Studium und Lehre auf zivile Fragestellungen und Anwendungen aus“, heißt es in der Präambel der Fakultätssatzung. Erfreulich ist außerdem, daß das millionenschwere Großforschungsinstitut DESY sich zivilen Anwendungen verschrieben hat und auch private Vertragspartner, die vom Wissenstransfer profitieren wollen, darauf verpflichtet.
Problematisch bleibt hingegen, daß, nicht zuletzt am UKE, der Technischen Universität Hamburg-Harburg und an teil-öffentlichen Forschungsinstituten (z.B. Fraunhofer) Forschung in problematischen Kooperationen betrieben wird; besonders unangenehm fällt die finanzielle Beteiligung von US-Militärorganisationen oder die Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie wie Airbus oder den Dräger-Werken auf.
Die Antworten des Senats machen deutlich, daß er ein sehr enges Verständnis von Friedens-, Konflikt- und Sicherheitsforschung zugrunde legt. Weit mehr, als in den Antworten zum Ausdruck kommt, ist friedenswirksame wissenschaftliche Aktivität, unter anderem in der Erziehungswissenschaft, der Theologie oder der Informatik tradiert und ausgeprägt. Hauptsächlich problematisch ist, daß die Unterfinanzierung der Hochschulen deren Offenheit für kriegsrelevante Aufträge vom Staat und der Rüstungsindustrie fördern soll; zugleich müssen die zahlreichen aktiven Friedensforscher_innen die unproduktive Ochsentour durch Antragsverfahren für Drittmittel andauernd durchlaufen. Würden die Hochschulen vernünftig öffentlich finanziert und wahrhaft demokratisch selbstbestimmt, wären mit Sicherheit alle Fragestellungen der Friedensforschung, Friedensbildung, der Gewaltprävention und -überwindung, einer gerechten Entwicklung der Zusammenarbeit von Nord und Süd, der Abrüstung, der nachhaltigen Entsorgung von (nuklearen) Rüstungsgütern, der Diplomatie und Völkerverständigung noch intensiver in der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion. Das Interesse, die Aktivitäten und die Lage sprechen dafür.
Medial wird suggeriert, es gäbe nur die Wahl zwischen Aufrüstung um 4 Prozent (Trump) oder zwei Prozent (Merkel). Da ist die Stärkung und der Ausbau der Kooperationen in der Friedensforschung, ihre Verbindung zur Friedensbewegung und gemeinsames öffentliches Eingreifen zivilisationsentscheidend.