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Die fröhlichere Botschaft
„Den schönsten Satz bei der Verkündung der Exzellenz-Universitäten sagte insofern Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) – weil es zugleich auch der logisch anspruchsvollste war: Sie gratulierte den Siegern und rief den Verlierern zu, diese hätten ihre Exzellenz ja längst bewiesen, weil sie im Wettbewerb so weit gekommen wären. Ein Wettbewerb, bei dem es nur Sieger gibt oder Herzlichen Glückwunsch zum Nichtgewinn.“
Jürgen Kaube: „Noch so ein Sieg“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 2019.
„Die Gesellschaft als Ganzes braucht Verbesserungen nicht weniger als der einzelne Mensch.“
Bertolt Brecht, „Über Gesetze“, Me-ti. Buch der Wendungen.
„Noch so ein Sieg“: Wettbewerb als Selbstzweck – das führt an den bundesdeutschen Universitäten zu einer inszenatorischen Selbstbeschäftigung: Präsidien und Verwaltung sind monatelang kaum für anderes ansprechbar, die beteiligten Wissenschaftler* innen und der „wissenschaftliche Nachwuchs“ halten sich mit Antrag-Schreiben auf, die Institute bauen für die Gutachter*innen Potemkinsche Dörfer … und immer geht es ums Dabeisein, ums Renommee.
Dieser Zirkus hat mit Wahrhaftigkeit und Humanität in der Wissenschaft, mit Sorgfalt in Lehre, Forschung und Verwaltung wenig gemein, ist dafür sogar kontraproduktiv, denn er dient einzig dazu, das Prinzip der Konkurrenz gegen produktive und ernsthafte Kritik zu verteidigen und als unausweichlich zu inszenieren.
Ausdruck der eigentlichen Tendenz ist zum Beispiel, daß sich alle Studierendenvertretungen (HU Berlin, FU Berlin, TU Braunschweig, TU Dresden und die Unis Freiburg, Hamburg, Heidelberg, Hannover, Kiel und Tübingen) der von der aktuellen „Exzellenz“-Siegen betroffenen Unis vereint gegen diese Show positionieren. Sie fordern unter dem Motto „Miteinander statt Gegeneinander“ das Ende der „Exzellenz-Strategie“, monieren die Unterfinanzierung der Bildungseinrichtungen, fordern eine Stärkung von Studium und Lehre sowie mehr Kooperation auf allen Ebenen.
Die Gesellschaft der Gegenwart, der sehr fragwürdige Kapitalismus, ist schon lange keine Mangelgesellschaft mehr. Nützliche Produktivität und dadurch immenser materieller und Ideenreichtum sind vorhanden. Diese Gesellschaft ist aber auch keine des Allgemeinwohls. Die Ressourcen werden verantwortungslos verbraucht, die Armut ist teilweise unbeschreiblich. Das herrschende Prinzip ist Ungleichheit. Mit „Exzellenz“ soll die Wissenschaft dafür geschmeidig gemacht werden.
Allerdings: Engagierte Wissenschaft für die Überwindung des Gegensatzes zwischen dem globalen Norden und dem Süden, für geschichtsbewusste Verantwortlichkeit, für wertschätzende Kultur und Bildung, für Menschenrecht und Frieden, für nachhaltige Produktivität und Innovationen, für präventive und menschenfreundliche Gesundheitsversorgung und gerechte Wirtschaftsweise ist kritisch. Sie eckt an. Sie tut es überzeugt und souverän. Zuweilen auch mit Witz. Sie tut es für Alle und beteiligt Alle.
„Denn der wirkliche Reichtum ist die entwickelte Produktivkraft aller Individuen.“
Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW ,Band 42, S.602, 1858.
Das sei Maßstab und ist möglich.