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Das soziale Übel der tatsächlichen Ungleichheit
„Rassismus ist kein Einzelfall. Fast jeder, der nicht zur weißen Mehrheit gehört, erlebt ihn, im ganz Kleinen und im Großen. Rassismus verletzt. Spaltet. Tötet. Und er betrifft Millionen Menschen, auch in Deutschland. (...) Nun also ist es so weit: Wir reden darüber, dass es einen festgetretenen Boden gibt, auf dem solche Taten gedeihen. Und, das ist neu, eine breite Öffentlichkeit hört zu. Protestforscher sprechen von einem Momentum. (...) Früher oder später betrifft Rassismus nämlich jeden. Spätestens wenn wir uns die Frage stellen, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.“
Dialika Neufeld, „Unsere George Floyds“, Leitartikel „SPIEGEL“ Nr. 25/13.6.2020, S. 6.
„Wer wagt es, vor einer allgemeinen Suggestion ehrlich zu sein? Wer wagt es zu sagen, daß ihn eine Wagner-Oper seekrank macht? (...) Es darf in diesem Zusammenhang nicht überschätzt werden, daß im Bayreuther Kreis zuerst die Rassentheorien Gobineaus gepflegt wurden, daß Houston Stewart Chamberlain, der Schwiegersohn Richard Wagners, in einer konfusen Theorie die These von der schöpferischen Überlegenheit des reinen Ariertums entwickelte und er, der Sohn eines englischen Admirals, im Kriege der lärmendste Herold der Alldeutschen war. (...) Bei Wagner ist nicht nur das ganze Inventar des nationalistischen Schwertglaubens enthalten, sondern auch, immer neu variiert, die angenehme Vorstellung, von allen Übeln erlöst zu werden, ohne daß man dafür etwas zu tun braucht. Es erübrigt sich, näher auszuführen, was für eine Rolle in Deutschland der Wunderglaube spielt und das Verlangen nach einem Hexenmeister, der mit einem Hokuspokus Verschwindibus alle Kalamitäten für ewig beseitigt.“
Carl von Ossietzky, „Richard Wagner“, „Die Weltbühne“, 21. Februar 1933.
Beispielhaft zu den Tatsachen: Richard Wagners „Opiat zur Vernebelung der Geister“ (Carl von Ossietzky, a.a.O.) wird immer noch in Bayreuth vor einem exklusiven Publikum aufgeführt. Die NPD ist vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsfeindlich erklärt aber nicht verboten worden, weil die Partei zu unbedeutend sei. Der NSU hat rassistische Morde begangen. Die AfD sitzt in allen Parlamenten (auch Talkshows) der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Ihr „Flügel“ ist braun. Vorurteile über die verschiedene Wertigkeit von Menschen sitzen im Alltag und auch in Amtsstuben.
Der Rassismus hat seinen Jahrhunderte alten Ursprung in der Expansion bürgerlicher Handels- und Industriestaaten und ist bis heute nicht überwunden. Historisch tradierte Entwicklungsunterschiede zwischen den Kontinenten werden aufrechterhalten und von interessierter Seite naturalisiert oder biologisiert. Das Asylrecht der BRD bleibt beschränkt. Vorurteile scheinen attraktiver als die soziale, politische und kulturelle Wirklichkeit und bequemer als eine kritische und aufgeklärte Rationalität. Vorurteile dienen der konservativen und profitablen Seite, gerade dann, wenn Argumente fehlen oder unerwünscht sind (siehe Trump).
Dagegen wenden sich mittlerweile aktiv, international und öffentlich Millionen von Menschen für Frieden, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und die tatsächliche Würde des Menschen.
Hier brauchen die Wissenschaften, die studentische Interessenvertretung sowie die akademische Selbstverwaltung nicht abseits zu stehen. Wir haben eine bessere Welt verdient. Wir können sie schaffen. Eine Wahl ist immer gegeben. Der Verstand sei menschlich.
Zuguterletzt ein Vorschlag für die gegenwärtige Verfassungsdiskussion: Die Aussage „seiner Rasse“ in Artikel 3 Absatz 2 sollte wegen des Erkenntnisstandes und allgemeiner normativer Erfordernisse gestrichen oder durch „infolge rassistischer Vorurteile“ ersetzt werden.
„ Art. 3
[des Grundgesetzes / Gleichheit vor dem Gesetz]
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“