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Das Soziale des Menschen
„Als die Roosevelt-Regierung [in den USA] nach über drei Jahren Großer Depression im März 1933 mit ihrer Arbeit begann, herrschten Massenarmut, und tiefe Resignation. Doch dann wurde innerhalb weniger Wochen ein riesiges Wiederaufbauprogramm in Gang gebracht, und zwar auf Wegen und mit Instrumenten, die bis dahin zumindest in Friedenszeiten und mit demokratischen Mitteln nie erprobt worden waren: Der Bankensektor wurde saniert und reguliert, und die Börse wurde einer staatlichen Aufsicht unterstellt; mit Hilfe verschiedenster Beschäftigungsprogramme wurden innerhalb weniger Monate über sechs Millionen bis dahin arbeitsloser Menschen für den Bau von Schulen, Spielplätzen, Kindergärten, Straßen, Grünflächen, für Aufforstung und Landschaftspflege eingesetzt; mit weiträumigen Infrastrukturprojekten wurden Staudammsysteme zur Bewirtschaftung, Bewässerung und Elektrifizierung ganzer Regionen geschaffen.“
Dr. Steffen Lehndorff (Volkswirt), „Vorbild und Verheißung: Roosevelts Neuer Deal“, „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Nr. 9/2020, S. 83–93, hier S. 83f.
„Selbst wenn das Pandemiegeschehen unter Kontrolle bleibt, droht im Herbst oder Winter eine Insolvenzwelle. In bestimmten Branchen – Tourismus, Gastronomie, Veranstaltungen – werden Leute, die jetzt in Kurzarbeit sind, vermutlich arbeitslos werden. Die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, es gibt wenig neue Jobs, Deutschland ist stark von Märkten in anderen Ländern abhängig – da muss der Staat dagegenhalten, auch über eine längere Zeit! Ich halte überhaupt nichts davon, jetzt schon auszurufen, spätestens 2022 müssten wir aber zur schwarzen Null zurückkehren.“
Prof. Jens Südekum (Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), im Gespräch mit dem „Freitag“, Nr. 10/27.8.2020, S. 8.
„Glücklich, daß die Wissenschaften wie alles, was ein echtes reines Fundament hat, ebenso viel durch Streit als durch Einigkeit, ja oft mehr gewinnen! Aber auch der Streit ist Gemeinschaft, nicht Einsamkeit, und so werden wir selbst durch den Gegensatz hier auf den rechten Weg geführt.
Wir verdanken daher dem Bücherdruck und der Freiheit desselben undenkbares Gute und einen unübersehbaren Nutzen; aber noch einen schönen Nutzen, der zugleich mit der größten Zufriedenheit verknüpft ist, danken wir dem lebendigen Umgang mit unterrichteten Menschen und der Freimütigkeit dieses Umgangs. Oft ist ein Wink, ein Wort, eine Warnung, ein Beifall, ein Widerspruch zur rechten Zeit fähig, Epoche in uns zu machen, und wenn wir oft solche heilsame Einflüsse durch den Zufall einem längst abgeschiedenen Schriftsteller zu danken haben, so ist es doch zehnfach angenehm, einem lebenden, gefühlvollen, vernünftigen Freunde dafür Dank abstatten zu können.“
Johann Wolfgang v. Goethe, aus der Rede bei Eröffnung der „Freitagsgesellschaft“, 9. September 1791, zitiert in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“) am 28.8.2020 unter „Vorm Semester“.
Jede Gegenwart ist einmalig, aber aus der Geschichte läßt sich lernen und aktuell die Zukunft gestalten. Alles hat eine Alternative, die verwirklicht werden kann.
Der New Deal in den USA war eine Antwort auf die Weltwirtschaftskrise (1929–1932), eine soziale, demokratische Alternative zum Faschismus in Deutschland – und anderen Ländern – sowie ebenso eine gesellschaftspolitische Voraussetzung für den Eintritt der USA (1941) in die Anti-Hitler-Koalition (USA, Sowjetunion und Großbritannien), welche die Welt von Diktatur und Krieg (Stichtag 8. Mai 1945) befreit hat.
Im New Deal wirkten Regierung, Gewerkschaften, soziale Bewegungen und Kommunen für eine offensive, stark an den Bedürfnissen der Mehrheit, der ökonomischen Nachfrage und am sozialen Allgemeinwohl orientierte Politik zusammen. Diese Allianz wurde in ausgeprägter Kontroverse zu den Banken und Großkonzernen unternommen. Die Krise konnte so weitgehend bewältigt und eine Rechtsentwicklung der Gesellschaft verhindert werden.
Insofern ist der New Deal ein Lehrstück für die Gegenwart – für eine zivile und menschenwürdige Entwicklung im regionalen, landesspezifischen und internationalen Maßstab. Die Gleichzeitigkeit von Steueroasen und unerträglicher sozialer Prekarität kann so ein Ende finden. Rechte Kräfte, politische Verirrungen bzw. Schädigungen wären auf diese Weise marginalisiert.
Für diese positive Aufgabe einer produktiven und erfreulichen Zivilisationsentwicklung sind (fast) alle Menschen und alle gesellschaftlichen Bereiche gefordert: Die Politik – nicht zuletzt einige Parteien, die Gewerkschaften, soziale Bewegungen, die Interessenvertretung in Betrieben und öffentlichen Einrichtungen –, Kunst, Kultur, Bildung und Gesundheitswesen (gerade wegen Pandemie und Shutdown) und die neu aufgeweckte kritische Meinungsbildung der Vielen.
In diesen gesellschaftlichen Zusammenhang der aktiven Verantwortung gehören auch die Wissenschaften. Sie sollten sich allesamt aus der Lähmung der Eindämmung lösen und in neuer Dimension einen Beitrag zur Krisenüberwindung leisten. Der Mangel an Geselligkeit ist zu überwinden – eine erfreuliche Gemeinschaft erweitert zu bilden.