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Mit historischer Erfahrung aus der Krise hinaus
„Wegen Corona-bedingter Notlagen haben Zehntausende Studierende in den vergangenen Monaten neue Kredite bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragt. Insgesamt sind bei der KfW Anfragen für fast eine Milliarde Euro an Studienkrediten eingegangen.
Das geht aus einem Scheiben des Bundesbildungsministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach wurden von Mai bis September rund 30.800 Anträge auf einen KfW-Studienkredit in einer Gesamthöhe von 919,6 Millionen Euro gestellt. Das sind fast viermal so viele Anträge wie im gleichen Zeitraum vor einem Jahr. (...) Es handele sich in Wahrheit ›um einen stinknormalen Bankkredit, der als zinsloses Darlehen verkauft wird, in Wirklichkeit aber teuer bezahlt werden muss‹, sagte Andreas Keller, Hochschulexperte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, im Interview mit dem SPIEGEL.“
SPIEGELonline, Coronakrise: Studierende verschulden sich mit fast einer Milliarde Euro, 05.10.2020.
„Als in der Bankenkrise im Juli 1931 das Deutsche Reich Mühe hatte, seine Schulden zu bedienen, notierte Goebbels im Tagebuch: ›Das Reich steht vor dem Bankrott. Unsere Stunde naht mit unheimlicher Sicherheit. Wir werden sie zu nutzen wissen.‹ Im Oktober 1931 tönte er etwa im Sportpalast von ›der Knute der Weltbörse‹. Der ›heutige Staat‹, so Goebbels, sei ein ›kapitalistischer Staat‹. Die NSDAP, versprach er, werde ›im Herzen Europas einen sozialistischen Staat aufbauen‹. Goebbels, aufmerksamer Leser kommunistischer Zeitungen, beherrschte die Sprachmuster der radikalen Linken, ohne deren Ideen zu teilen. (...) Die Deflationspolitik des rechtskatholischen Reichskanzlers Heinrich Brüning, der vom März 1930 bis Mai 1932 überwiegend mit ›Notverordnungen‹ regierte, führte zu millionenfachem Hunger mit chronischer Unterernährung. Gehälter, auch im öffentlichen Dienst, wurden massiv gesenkt. Die Verelendung von Millionen setzte sich unter dem rechtskatholischen Kanzler Franz von Papen fort, der von Juni bis Dezember 1932 ebenfalls mit Notverordnungen regierte. (...) Die Wahlerfolge 1932 [37,4 Prozent] brachten die NSDAP immer näher zur Macht. Sie zu erringen war nur möglich im Bündnis mit bürgerlichen Kräften.“
Uwe Klußmann, „Deutschland in den Zwanzigerjahren / Die Wirtschaftskrise, die Hitler zur Macht verhalf“, „SPIEGELONLINE“, 5.10.2020.
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Und sie sagten mir: Wenn ich brav bin,
dann werd ich dasselbe wie sie.
Doch ich dachte: Wenn ich ihr Schaf bin,
dann werd ich ein Metzger nie.
Und manchen von uns sah ich,
der ging ihnen auf den Strich.
Und geschah ihm, was dir und was mir geschah,
dann wunderte er sich.
Mich aber, mich nahm es nicht wunder,
ich kam ihnen frühzeitig drauf:
Der Regen fließt eben herunter
und fließt eben nicht hinauf.“
Bertolt Brecht, „Das Lied vom Klassenfeind“, 1934.
In grellem Licht zu erkennen: Die Shutdown-bedingte soziale Krise der Studierenden – keine Arbeit an geschlossenen Hochschulen, in der Gastronomie oder auf Messen, steigende Wohnungsmieten etc. – machet deutlich, daß die Studienkredite tatsächlich zinslos sein müssen und mindestens erst bei hinreichendem Einkommen zurückgezahlt werden sollten. Auch das BAföG muß auf neuen, festen Boden gestellt werden: Darlehensfrei, bedarfsgerecht und elternunabhängig. Das wäre ein echter sozialer Fortschritt, der ausbildungsrelevant ist und gesamt-ökonomisch Sinn macht.
Im Großen und Ganzen – alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens betreffend – muß der ökonomischen, sozialen und Infrastrukturkrise mit öffentlichen Mitteln bzw. Investitionsinitiativen gegengesteuert werden: Mit der Aufhebung der „Schuldenbremse“, der Verringerung der Rüstungsausgaben, der rigiden Verminderung der Steuerflucht sowie der Erhöhung der Kapitalsteuern. Hierdurch werden Mittel für die öffentliche Hand frei, mit denen die Wirtschafts- und Sozialkrise behoben, das – wieder in Gemeinschaftseigentum zurückzuführende – Gesundheitssystem gestärkt werden, die gesellschaftliche Infrastruktur saniert und modernisiert werden, Bildung und Kultur erweitert entwickelt sowie die Kaufkraft bzw. die Sozial- und Steuereinnahmen gestärkt und das gesamte sozio-kulturelle Leben verbessert werden kann und sollte.
Viele Aktivitäten in diesem Sinne sind schon realisiert. Weiteres Engagement folgt.
Auf diese vernünftige, soziale und solidarische Weise verlieren die rechten Rattenfänger gleichfalls an sumpfigem Boden. Die Zukunft – ja, der menschlichen Zivilisation –, die Lösung der gegenwärtigen kumulierten Probleme ist nicht „völkisch“, sondern aufgeklärt, demokratisch, zivil und sozial!
Das läßt sich nachhaltig aus der Geschichte lernen. Die Schaffung menschenwürdiger Bedingungen geht Alle an. Sogenannte Sachzwänge haben immer eine Alternative. Auf die Richtung kommt es an. Übrigens gilt – zumal für den Beginn des Semesters – für die Hochschulen: So viel Präsenz wie möglich und so wenig Digital wie nötig.