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Zeit für zivile Entwicklung!
„Seit einer Woche schuften Fallschirmjäger der Bundeswehr am Flughafen von Kabul in einem unglaublichen Chaos für die Rettung Hunderter. Unter den Augen bewaffneter Taliban, inmitten von Staub, Hitze und Tränen, versuchen sie so viele Menschen wie möglich vor dem Zugriff der islamistischen Terrororganisation zu bewahren. Auf die Bundeswehr ist Verlass. Das erlebt das Land hautnah bei drei ganz unterschiedlichen Großeinsätzen: Im Corona-Engagement, beim Kampf gegen die Flutkatastrophe und in Kabul sind die Streitkräfte hochengagiert und effizient im Einsatz, vom Gefreiten bis zum General. Bei allen drei Krisen sind Soldaten zur Stelle, wo andere Behörden und Organisationen in die Knie gehen oder schlicht versagen: Gesundheitsämter und Altersheime, der zivile Katastrophenschutz, die Diplomatie am Hindukusch. (…)
Deutschland sollte jetzt denen Rückhalt geben, die in dieser verzweifelten Lage am Hindukusch Mut, Charakter und Ausdauer beweisen.“
Peter Carstens, „Auf die Bundeswehr ist Verlass“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 23.8.2021, S. 1 (Leitkommentar).
„Ein föderatives Afghanistan – das war das Land schon in der Vergangenheit, auch wenn es zentral von Kabul aus gelenkt wurde – wäre die einzige und beste Lösung, Einheit und Frieden zu sichern. Das kann gelingen, wenn die ausländische Einmischung aufhört, die seit Jahrzehnten den Afghanistan-Konflikt lenkt, und unter Federführung der Vereinten Nationen die Voraussetzungen für einen zivilen Aufbau geschaffen werden. Ohne beträchtliche internationale Hilfe wird das nicht gehen, dazu sind die Aufgaben zu immens. Allein die Räumung der 10 bis 11 Mio. Landminen würde bei der jetzigen Kapazität der Minenräumkommandos 400 Jahre in Anspruch nehmen.
Auch die Bundesrepublik ist angesichts ihrer Verantwortung für die indirekte Mitwirkung an der Zerstörung Afghanistans nun gefordert. Jahrzehntelang unterstützte sie Mojahedin-Gruppen, indem ihnen seit 1980 Mittel in Höhe von 100 Mio. DM jährlich aus Sonderprogrammen des BMZ [Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung] und des Auswärtigen Amts über pakistanische Kanäle zukamen. Nicht um die Beteiligung am bewaffneten Kampf gegen Afghanistan, sondern um den künftigen Wiederaufbau des Landes müßte die Bundesregierung ringen.“
Dr. Matin Baraki, „Die Talibanisierung Afghanistans“, „Blätter für deutsche und internationale Politik“, November 2001 (!), S. 1342-1352, hier S. 1352.
„Schlechte Gewohnheiten
(…) Denken über Probleme, die durch Denken nicht gelöst werden können, muß man sich abgewöhnen.“
Bertolt Brecht, Me-ti * Buch der Wendungen“, entstanden im Exil der 1930 Jahre.
Dust, heat and tears, verwandt mit „Blood, sweat and tears“ (Winston Churchill im Zweiten Weltkrieg): Sollen deutsche Soldatinnen und Soldaten – mit „Mut, Charakter und Ausdauer“ – immer dann, wenn es an Personal, ausreichender Bezahlung und Ausbildung fehlt, bei öffentlichen Aufgaben oder drängenden Problemen (die sie zu schlechten Teilen selbst geschaffen haben), einspringen und in Uniform, auch bewaffnet, deutsche Disziplin beweisen?
Im Museum, im Theater, in Kindertagesstätten, an Schulen und Hochschulen, im Schwimmbad und im Turnunterricht?
Ursprünglich marschierten die Militärtruppen der Nato im Oktober 2001, nach den Terroranschlägen vom 11. September (Twin-Towers in New York), in Afghanistan ein. In erster Linie verfolgte das Militärbündnis unter Dominanz der USA-Regierung das proklamierte Ziel, die dort herrschende Taliban‐Regierung zu stürzen und die Terrororganisation Al‐Qaida zu bekämpfen.
Insgesamt 130.000 Soldatinnen und Soldaten waren im Rahmen der Nato in Afghanistan ein- gesetzt. Mit zeitweise über 5.000 eingesetzten SoldatInnen zählt die Bundesrepublik Deutschland zum insgesamt drittgrößten Truppensteller des NATO‐Krieges.
Der Krieg forderte viele Tote und Verletzte, verheerte das arme Land. Demokratische und soziale Strukturen sind nicht entstanden.
Öffentliche Voraussetzungen und Grundlagen für Bildung, Kultur, Kunst und Wissenschaft sind (leider!) kaum der Rede wert. Eine eigenständige Ökonomie (Industrie, Landwirtschaft, Handel) ist so gut wie nicht entwickelt. Die tatsächliche Alphabetisierung der Bevölkerung ist marginal. Afghanistan gehört nach wie vor zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt.
Deshalb steht drängender denn je – dort und überall – die allseitige zivile Entwicklung auf der gesellschaftlichen bzw. politischen Tagesordnung.
Die erste notwendige Bedingung für das Allgemeinwohl ist der Verzicht auf militärische Gewalt, das eindeutige Unterlassen von Kriegen und Rüstungsexporten sowie kein rabiater Einfluß von Geheimdiensten. Alles andere ist Aufbau und Kooperation respektive die praktische Achtung vor den Interessen und Bedürfnissen der jeweiligen Bevölkerung. Das gilt übrigens ebenso für die NATO-Länder selbst.
Den Wissenschaften kommt gesteigert die Aufgabe zu, Kriegs- und (!) Friedensursachen zu ermitteln und die Ergebnisse dieser Arbeit klar und öffentlich zum Ausdruck zu bringen.
Eine menschenwürdige Philosophie ist unverzichtbar für die Humanisierung der Welt.