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Die Flucht als Sucht
„Die Zahl internetsüchtiger Studenten hat sich schon im ersten Pandemie-Semester im Sommer 2020 verdoppelt. Einer Untersuchung der Universität Mainz zufolge weisen 7,8 Prozent der Studienteilnehmer deutliche Anzeichen für eine Online-Sucht auf. Ein Jahr zuvor waren nur
3,9 Prozent der Studenten betroffen. Die Verhaltensstörung gehe in vielen Fällen mit einer depressiven Symptomatik, Einsamkeit, während der Pandemie aber auch mit gesteigerten Ängsten einher, heißt es in einer Studie, die demnächst in der Fachzeitschrift „Suchttherapie“ veröffentlicht wird und der
F.A.S. vorliegt.“
Julia Schaaf, „Studenten brauchen Hilfe“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 10.10.2021, S. 1.
„Sie [die Jugendlichen] können in den Spielen Gefühle von Macht und Stärke erlangen, indem sie hohe Spiellevel erreichen oder Siege erringen. Betroffene Jungen weisen häufiger Akzentuierungen auf, die wir unter dem Begriff Neurotizismus beschreiben. Erhöhte Ängstlichkeit, erhöhte Stressempfindlichkeit, geringe Selbststeuerungskompetenzen, ein negatives Selbstkonzept und soziale Unsicherheit spielen da eine Rolle. (…)
Unbehandelt entsteht für die Betroffenen erheblicher Schaden an der Gesundheit, und sie können den Anforderungen einer Leistungsgesellschaft nicht standhalten. Ihnen steht das Dilemma einer Suchtkarriere bevor: verringerte Teilhabe an der Gesellschaft und viele andere ungünstige Sekundärfolgen.“
Rainer Thomasius (ärztlicher Leiter des Suchtbereichs und Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), im Interview („Videospiele können wie Drogen wirken“) mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), 7.10.2021, S. 15.
„Sagen wir also,daß der Mensch ein Prozeß ist und daß er genau der Prozeß seiner Handlungen ist.
(…) Alle haben die vage Intuition, daß sie, indem sie aus dem Katholizismus eine Lebensform machen, fehlgehen, wofür jedenfalls spricht, daß niemand sich an den Katholizismus als Lebens- form hält, auch wenn er sich Katholik nennt. Ein integraler Katholik, der also bei jedem Lebensakt die katholischen Normen anwenden würde, käme uns wie ein Monster vor, was, wenn man es recht bedenkt, die schärfste Kritik des Katholizismus selbst ist, auch die unumstößlichste. (…)
Die notwendigen Verhältnisse selbst ändern Aspekt und Bedeutung, insofern sie in ihrer Notwendigkeit erkannt werden. In diesem Sinn ist Erkenntnis Macht.“
Antonio Gramsci, „Gefängnishefte“ (Heft 10, 1932-1935), „§ 54, Einführung in das Studium der Philosophie. Was ist der Mensch?“.
Was ist der Mensch?
Drei Semester Stubenarrest: Trotz klarer (und weitgehend vernünftiger) AHA+L-Regeln, bei allen Schwierigkeiten sich verbessernder medizinischer Behandlungen, entgegen wirksamer „Hygienekonzepte“ öffentlicher Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Hochschulen, Museen, Theatern, Bibliotheken und Mensen, auch in realistischer Erwartung eines bald zur Verfügung stehenden Impfstoffes, wurde das gesellschaftliche Leben rigide eingeschränkt, die Grundrechte (auch das Demonstrationsrecht, bis hin zur „Ausgangssperre“) außer Kraft gesetzt, die sozio-kulturelle menschliche Praxis empfindlich reduziert. Die Politik mit der Angst verbannte die Mehrheit der Bevölkerung in unterschiedlich große vier Wände, isolierte die Menschen voneinander, senkte den Schuldkomplex in die Einzelnen und fuhr „auf Sicht“ an- statt die tatsächliche Aufklärung sorgfältig zu realisieren, das Gesundheitssystem sowie die soziale Sicherheit zu verbessern und die kulturelle, ebenfalls die politische Teilhabe zu gewährleisten.
Schon vor der Pandemie bzw. der Lockdown-Krise war es nicht selbstverständlich, einfach oder richtig, „den Anforderungen einer Leistungsgesellschaft“ standzuhalten. Ebenso ist generell und im Einzelnen die „verringerte Teil- habe an der Gesellschaft“ keine „ungünstige Sekundärfolge“, sondern die Ursache für die Nicht-Überwindung der meisten gesellschaftlichen respektive psychischen Probleme. Der „Katholizismus“ läßt sich auch als menschen- widriges Normensystem der Unterwürfigkeit übersetzen. Einschränkung, Leid und Heuchelei sind die stetigen Begleiter der strengen hierarchischen Ordnung.
Dagegen ist die erweiterte Öffnung der gesamten Gesellschaft – mithin die potentielle Entfaltung der vernünftig und gemeinschaftlich handelnden Menschen – die heilsame Alternative.
Die neu erkannte Begegnung – auf dem Campus, im Seminar, in der Bibliothek, auf den Fluren, in der Kneipe – ermöglicht Erlebnis, Erfahrung sowie entspannte/entspahnte Einsicht und Entwicklung.
Auf diese Weise kultiviert das Lernen. Teilhabe ist interaktiv.
So ist die „Kulturwoche“ zu verstehen und aufzusuchen.