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Halbwegs gute Ergebnisse gegen die Kräfte der Beharrung.
Der Akademische Senat beriet über das Hochschulgesetz
„Damals, in den unruhigen und zornigen Jahren des 19. Jahrhunderts, im Vormärz und in den Jahren der bürgerlichen Revolution von 1848/49, damals war ein Professor, ein Rechtsprofessor zumal, nicht allein dies; er war zugleich Journalist, Redakteur, Publizist. Er war ein politischer Professor. Damals, als fast jeden Tag eine neue Zeitung gegründet (und wieder verboten) wurde, waren Hochschullehrer zugleich Lehrer der Nation, sie waren politisch-publizistische Volkslehrer für ein schnell wachsendes bürgerliches Publikum. (...) Damals: das war die Zeit, in der an die Stelle einer fest gefügten Ständeordnung die Idee einer freien, bürgerlichen Gesellschaft trat. (...) Es war eine Zeit, in der in Hunderten von Volksversammlungen über Gott und die Welt, über Straßenbau, Industrieverschmutzung und über das allgemeine Wahlrecht gestritten wurde. Und diese Volksversammlungen waren eine Art politische Volkschule, dort lernten Handwerksgesellen zusammen mit den Studierten das Abc der demokratischen Rituale.“
Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung), Antrittsvorlesung an der Uni Bielefeld, 22.01.2010.
Ein neuer Vormärz ist angemessen. Selbst höchstrichterlich wurde nahegelegt, daß Hartz IV (mit Regelsätzen von 359 Euro), das für 13 Millionen Menschen im Lande verordnete Armut bedeutet, so nicht bleiben kann. Auch Studierende haben meist nicht wesentlich höhere Einkünfte. Deshalb sollten alle - gemeinsam - für die Verbesserung ihrer sozialen Lage wirken.
Das amtierende Präsidium und die Mehrzahl der ProfessorInnen der Universität aber meinen, sie schwebten über den Mitmenschen und müßten sich um die soziale und politische Realität des Landes wenig scheren. In Wahrheit sind sie damit auf dem Holzweg. Im Akademischen Senat (AS) behinderten sie durch bängliches und undemokratisches Verhalten die Erarbeitung einer kritischen Stellungnahme zum seit 2003 undemokratischen, unsozialen und antiwissenschaftlichen Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG). Sie verteidigen den aufgesetzten Hochschulrat, können zwischen öffentlicher Verwaltung und akademischer Selbstverwaltung als Möglichkeit wissenschaftlicher Souveränität nicht unterscheiden und halten Studienreform für marginal. Dennoch: Unter dem Druck studentischer Aktivitäten und einer solidarischen Gemeinschaft aus dem Mittelbau und dem Technischen- und Verwaltungspersonal (TVP) nimmt der AS zur Evaluation des HmbHG Stellung: Die Studiengebühren - inklusive der Verwaltungsgebühren - sollen abgeschafft werden; der Präsident/die Präsidentin möge vom AS gewählt werden; unterhalb der Fakultätsräte soll es gruppenübergreifende Gremien geben; die Berufungskommissionen sollen gewählt und nicht vom Dekanat „bestellt“ werden.
Knapp mehrheitlich abgelehnt wurde die Verlagerung wichtiger Entscheidungen (Wirtschaftsplan, Struktur- und Entwicklungsplan u.ä.) vom Hochschulrat auf den Akademischen Senat. Diese politische Verantwortung war einigen zu viel.
Die Stellungnahmen der Fakultätsräte EPB, Geisteswissenschaften und selbst Jura gehen in den Demokratisierungsforderungen weiter. Z.B. soll der bisher übergeordnete Hochschulrat mindestens in einen gesellschaftlich repräsentativen Beirat umgewandelt werden.
Ein wenig skurril mutet die Distanzierung des Vize-Präsidiums von der „alten Gremienuniversität“ an, jener nahezu demokratischen Einrichtung, der die meisten Mitglieder der Universität ihre wissenschaftlichen und sozialen Wirkungsmöglichkeiten verdanken.
Es ist Zeit für eine Rückkehr zur Vernunft sowie eine Renaissance der Emanzipation.
Der eisigen Erstarrung folgt das gnadenlose Tauwetter. Am 20. März ist Frühlingsanfang. (Nicht alles, was so heißt, hat diese Bedeutung.)
„Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen. Was dieser gewollt hat, müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will.“