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Sozialer Schwung!
„Als Mediziner und Arzt, der seit über 35 Jahren im Gesundheitssystem tätig ist, möchte ich nur eines: möglichst vielen Patienten so gut, so schnell und so schonend wie möglich helfen. Bis zum Frühjahr 2020 ging das eigentlich ganz gut, trotz einiger verbesserungswürdiger Kritikpunkte (z.B. bessere Vergütung im Pflegeberuf), auf die wir Mediziner immer wieder aufmerksam machten. (…)
Obwohl sich die Situation auf den Intensivstationen aufgrund der Pandemie wieder deutlich entspannt hat, hat sich die Situation im Bereich der Pflege nicht gebessert. Derzeit sind ca. 30 bis 40 Prozent aller Intensivbetten in Deutschland gesperrt, auch in Hamburg – wohlgemerkt nicht wegen Corona, sondern wegen Personalmangels! Erstaunlicherweise wird darüber öffentlich wenig gesprochen. (…)
Das [Verbesserungen]geht nur mit besseren Arbeitsbedingungen (an denen derzeit gearbeitet wird) und einer besseren Bezahlung – ich rede nicht von ein paar wenigen Prozenten mit Komma, sondern von mindestens 20 bis 30 Prozent! Vor allem in Ballungsräumen sind die Mieten für Pflegeberufsanfänger inzwischen nahezu unerschwinglich geworden. Ein Land wie Deutschland muss es sich leisten können, kranke Menschen adäquat zu behandeln. Ansonsten haben wir in zehn bis 20 Jahren niemanden mehr, der unsere Patientinnen und Patienten versorgt!“
Prof. Dr. Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik und stellv. Leiter am universitären Herz- und Gefäßzentrum des UKE, „Vom Applaus alleine kann man nicht leben“, „Hamburger Abendblatt“ (Gastbeitrag), 15.10.2022.
„FAZ: Herr Hofmann, im öffentlichen Dienst verlangt Verdi jetzt Tariferhöhungen von fast 14 Prozent. War die IG Metall mit 8 Prozent in der Metall- und Elektroindustrie etwa zu bescheiden?
Hofmann: Bescheidenheit ist nicht unsere Zier. Wir sind überzeugt, dass unsere Forderung von 8 Prozent genau zur wirtschaftlichen Lage der Metall- und Elektroindustrie passt und für die Unternehmen auch leistbar ist.“
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann im Interview mit „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 15.10.2022, S. 18.
„Ein Mensch ist ein gesellschaftliches Produkt. Es stößt und treibt ihn immer zum Gesellschaftlichen. Geben wir acht, daß die gesellschaftlichen Ziele die richtigen sind und daß der Drang zum Allgemeinen, Breiten, Verpflichtenden in die richtige Richtung gelenkt wird.“
Hanns Eisler (1898-1962, Komponist, in enger Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht) im Gespräch mit dem Dramaturgen und Regisseur Hans Bunge (1919-1990), „Fragen Sie mehr über Brecht“, vierzehntes Gespräch am 26. 8.1962, Sammlung Luchterhand 1986, S. 295.
Der Meinungsbeitrag des Klinikdirektors vom Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) im eher gemütlichen „Hamburger Abendblatt“ ist ein Notruf.
Auch die Pflege und die Krankenversorgung in der reichen Stadt Hamburg sind in einem erbarmungswürdigen Zustand. Zu geringe Gehälter sowie schlechte Arbeitsbedingungen machen nicht gesund – weder die Kranken und Pflegebedürftigen, noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein gesundheitlicher Notstand.
Das ist desgleichen nicht gut für Forschung, Lehre und Bildung.
Die Lohnverhältnisse in dieser Republik stehen auch nicht zum Besten.
Die Würde des Menschen ist empfindlich angetastet.
Der Sozialstaat – ein strukturelles Gebot des Grundgesetzes – hat mit seinem Hartz-IV-System (geringe Leistungen mit starken Repressionen) trotz einiger Nachbesserungen erhebliche ethische und soziale Mängel.
Die öffentliche Infrastruktur, z.B. die Bahn, ist in einem sanierungswürdigen Zustand.
Die gesamtgesellschaftlichen Einrichtungen (Gesundheit, Bildung, Kultur und Soziales), von Allen für Alle, sind nicht bedarfsgerecht bzw. entwicklungsorientiert finanziert und ausgestattet. Auch hier ist Not am Menschen.
Dagegen wird in neuer Dimension aufgerüstet. Die 100 Milliarden Euro
„Sondervermögen“ scheinen nicht das letzte Wort zu sein. Die Rüstungsindustrie leckt sich die langen Finger.
In diesen groben Unverhältnismäßigkeiten besteht die gesellschaftliche Krise, zu der auch gehört, auf Kohleverfeuerung, Frackinggas und die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken zu setzen, statt sich diplomatisch und politisch zu bemühen, den Krieg in der Ukraine und überhaupt zu beenden sowie die Realisierung regenerativer Energien zu forcieren. Eine wirklich vernünftige „Richtlinienkompetenz“ des Bundeskanzlers sieht anders aus.
Bei all diesen Problemen, Aufgaben und Fragestellungen sollte also mehr Vernunft und eine am Allgemeinwohl orientierte Gestaltungskompetenz zum Ausdruck gebracht respektive zur Tat kommen.
Waschlappen, Duschkopf und Wolldecken lösen die allseitige Krise nicht.
Ein neues Engagement der Vielen ist zunehmend gefragt. In allen Bereichen, zu allen Zeiten.
Dabei sollten die Wissenschaften, ihre Subjekte, sich ihrer besten Absichten und möglichen Wirkungen erinnern und sie auf der Höhe der Zeit gemeinsam zur Anwendung bringen.
Ambitionierte Rationalität ist immer dann besonders relevant, wenn das Menschliche unter die Räder zu geraten droht. Die intensive kritische Beschäftigung mit scheinbar banalen Fragen hat aktuelle und perspektivische Bedeutung. Auch Entspannungsübungen können so zu hilfreichen Gedanken beitragen.