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Welcher „Zusammenhalt“ ist gemeint?
Im Prüfungsraum zur Bewerbung um einen Arbeitsplatz
„Erste Frage: Halten Sie es für richtig, daß der Mensch nur zwei Arme, zwei Beine, Augen und Ohren hat? Hier erntete ich zum ersten Mal die Früchte meiner Nachdenklichkeit und schrieb ohne Zögern hin:
»Selbst vier Arme, Beine, Ohren würden meinem Tatendrang nicht genügen. Die Ausstattung des Menschen ist kümmerlich.«
Zweite Frage: Wieviel Telefone können Sie gleichzeitig bedienen?
Auch hier war die Antwort so leicht wie die Lösung einer Gleichung ersten Grades. »Wenn es nur sieben Telefone sind, werde ich ungeduldig, erst bei neun fühle ich mich vollkommen ausgelastet.«
Dritte Frage: Was machen Sie nach Feierabend?
Meine Antwort: »Ich kenne das Wort Feierabend nicht mehr – an meinem fünfzehnten Geburtstag strich ich es aus meinem Vokabular. Denn am Anfang war die Tat.«
Ich bekam die Stelle. Tatsächlich fühlte ich mich mit den neun Telefonen nicht ganz ausgelastet. Ich rief in die Muschel der Hörer: »Handeln Sie sofort!« oder: »Tun Sie etwas! - Es muß etwas geschehen –
Es wird etwas geschehen – Es ist etwas geschehen – Es sollte etwas geschehen.« Doch meistens – denn das schien mir der Atmosphäre gemäß – bediente ich mich des Imperativs.“
Heinrich Böll, „Es wird etwas geschehen“, 1956.
„Soziales Pflichtjahr“
„Dass hinter solchen Überlegungen immer auch personelle und finanzielle Engpässe stehen und es letztlich um Kostenersparnis und Entlastung des Staates geht, von der auch der Pflegesektor betroffen ist, wurde nicht offen ausgesprochen. (…) Dass so getan wird, als könne man soziales Verhalten am besten oder sogar nur in einem unfreiwilligen sozialen Jahr lernen, bei 423 Euro im Monat, und nirgends sonst, nicht im Handwerk, im Sport, nicht durch ein Studium, nicht in der Kultur, wirft kein gutes Licht auf die Arbeits- und Bildungspolitik. (…) Statt der Jugend offen zu sagen, dass man sie zur Entlastung der Staatsausgaben für Verteidigung und Pflege ganz gut gebrauchen kann, sie also einfach nur nützlich ist, will man den jungen Leuten weismachen, sie würden erst zu richtigen, verantwortungsbewussten Menschen und fänden eigentlich erst dann einen Sinn im Leben, wenn sie anderen Leuten für wenig Geld die Nase putzen. Man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass die, die diesen betulichen, biederen Quatsch propagieren, selbst daran glauben.“
Edo Reents, „Süßer Vogel Jugend“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 26.6.2023, S. 9.
Soziale Verwirklichung
Werte schafft das Gros der Leute:
Wer doch nimmt sie sich als Beute?
BAE!-Sinnvers für die Sozialökonomie
Das Sein fordert das Bewußtsein:
Der reine Kapitalismus ist eine absolute Katastrophe. Verdichtete Arbeit und gekürzte Daseinsvorsorge werden zu einer zunehmenden Belastung für die Mehrheit der Bevölkerung.
Sollen wir immer mehr verzichten (wollen) bei steigendem Reichtum in wenigen Händen?
Oder ist es nicht vielmehr richtig, sinnvoll und rational von Anfang bis Ende, auf Krieg, Rüstung, Dividende und Unvernunft und damit auf alles Völkische zu verzichten?
Soziales Lernen und seine Verwirklichung bestehen in der bewußten, kooperativen und verantwortlich verändernden Teilnahme am umfänglichen gesellschaftlichen Leben.
Das ist, zumal nach Lockdown und Eindämmung, eine permanente Aufgabe, die erfordert, stets den inneren und äußeren Schweinehund zu überwinden. Nichts ist ohne Alternative, die geistig und praktisch wahrgenommen werden kann.
Die Suggestionen, alles sei in bester Ordnung oder es werde sich schon um alles und alle gekümmert oder wir seien nicht so ganz richtig, sind ohne Ausnahme unzutreffend.
Frieden ist kein Waffengeschäft. Arbeitsdruck und schlechte Bezahlung kein Sachzwang. Soziale Enge nicht barrierefrei. Die Börse kein Forum der Humanität. Egoismus ist nicht menschlich.
Der Nationalismus keine aufgeklärte Weltanschauung, die AfD kein harmloses Phänomen.
Hilfreiche Erkenntnisse respektive vernünftig getaltendes Engagement ist jederzeit möglich und hat historische Vorläufer sowie gegenwärtige Beispiele und Möglichkeiten. Die Verneinung dieser Aktivitäten und ihrer Ergebnisse leugnet die (widersprüchliche) Realität.
Ohne dieses gemeinschaftliche Wirken gäbe es keine Befreiung vom Faschismus, keine UNO, kein Grundgesetz, keine Gewaltenteilung, keinen Sozialstaat, keine Tarifverträge, keine Betriebsräte sowie auch keine studentische Interessenvertretung und akademische Selbstverwaltung.
Somit auch keinerlei Bemühungen für Frieden, Entmilitarisierung und Abrüstung, für internationale Solidarität, für ein rationales Umweltverhältnis, für die Überwindung des Elends, für sinnvolle und menschenwürdige Arbeits- und Sozialbedingungen sowie für adäquate Gesundheits-, Bildungs- und Kultureinrichtungen in öffentlicher Hand mit einladendem öffentlichem Zugang.
Inmitten dieses Zusammenhanges befinden sich ebenfalls die Hochschulen.
An ihnen geht die Verantwortung nicht vorbei, durch Bildung und gesellschaftliches Wirken den humanen Herausforderungen gerecht zu werden. Diese Herausforderungen beinhalten eine relevante Menge gesellschaftlichen, institutionellen, gemeinschaftlichen und persönlichen Entwicklungspotentials. Das ist erkennbar. Machen wir etwas daraus.