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Alle(s) abschieben?
Warum müssen wir?
„Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. (…) Wir müssen kriegstüchtig werden.“
„Bundesverteidigungsminister“ Boris Pistorius (SPD), in der ZDF-Sendung „Berlin Direkt“, zitiert nach www.zdf.de, 29.10.´23.
Abschieben hilft nicht und schadet nur
„Und selbst wenn es gelingen sollte, mehr Migranten ohne Bleiberecht abzuschieben, wird das nichts daran ändern, dass sich draußen in der Welt Menschen auf den Weg machen, um vor Krieg, Verfolgung, unerträglichen Lebensbedingungen zu fliehen. Oder schlicht, weil sie auf etwas Glück und eine Perspektive hoffen.“
Christoph Hickmann, „Jetzt müssen Taten folgen“, „SPIEGEL“ Nr. 44/28.10.´23, S. 6 (Leitkommentar).
Die UNO weiß es besser
„Mitte 2022 wird die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, auf über 100 Millionen geschätzt. Meist sind es Krieg und Gewalt, die Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen.. (…) In den meisten Herkunftsländern von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen herrscht Krieg, Bürgerkrieg oder Gewalt von bewaffneten Gruppen gegen einzelne Bevölkerungsgruppen. Mehr als zwei Drittel (69%) der Flüchtlinge kamen Ende 2012 aus nur fünf Ländern: Syrien 6,8 Millionen, Venezuela 4,6 Millionen, Afghanistan 2,7 Millionen, Südsudan 2,4 Millionen, Myanmar 1,2 Millionen. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine kam ein Land in Europa hinzu,aus dem Menschen vor einem Krieg fliehen mussten. Innerhalb weniger Monate flüchteten über 7,8 Millionen Menschen in die Nachbarländer vor den Angriffen. 6,5 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht. In Ländern, in denen seit Jahrzehnten Krieg und Gewalt herrschen, wie Somalia, Sudan, Afghanistan aber auch Kolumbien, leben Flüchtlinge oder Binnenvertriebene seit Generationen im Exil. In Deutschland Kommen nach Angaben des BAMF [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge], mehr als 70 Prozent der Asylsuchenden aus Kriegs- und Krisengebieten. Mehr als die Hälfte aller Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, kommen aus Syrien, Afghanistan und Irak. (…) Von den 89,3 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, sind 53,2 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht. Syrien, Kolumbien und weiterhin Jemen stehen an der Spitze jener Staaten, die von Binnenflucht und -vertreibung betroffen sind.“
„Krieg und Gewalt als Fluchtgrund“, zitiert nach: www.uno-fluechtlingshilfe.de, 30.10´23.
Man höre, staune und wehre sich: Der Kanzler will konsequenter „abschieben“, der „Bundesverteidigungsminister“ - beide SPD! – will „kriegstüchtig werden“. Grüne, CDU und FDP stehen keinesfalls dahinter zurück. Die braunen Kröten der AfD hüpfen erfreut um ihren breiigen Tümpel.
Dabei respektive dagegen hilft ein Blick in die seriöse Statistik (s.o.). Die globalen und regionalen Tatsachen sprechen eine andere Sprache: Krieg, Gewalt und Vertreibung – nicht zuletzt durch die Länder „des Westens“ und ihre Waffenlieferungen – sind das Problem bzw. die Ursachen für die Fluchtbewegungen, die meist im Lande selbst oder den Nachbarländern ankommen.
Deshalb sollten wir, aus diesen und anderen Gründen, in neuer Dimension friedenstüchtig werden. Die Welt, die Menschen überall und zu jeder Zeit, braucht und brauchen nicht mehr, Krieg, Gewalt, Hass, Mißmut, Angst und Vertreibung, sondern die strikte Beendigung von Kriegen, Aufrüstung und Gewalt für eine menschenwürdige, zivile und kultivierte Entwicklung. Diese beinhaltet über die Beendigung von Kriegen hinaus auch die Überwindung von kultureller und struktureller Gewalt, wie sie durch repressive oder ausbeuterische Strukturen, aber auch durch tradiert ökonomische Hierarchien konstituiert sind.
Auch hierzulande gehen Aufrüstung und geistige wie materielle Militarisierung (über das sogenannte Sondervermögen von 100 Milliarden Euro hinaus) empfindlich zu Lasten der zivilen öffentlichen Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Soziales, Kultur und allgemeine Infrastruktur.
Diese politische Verschiebung des gesellschaftlichen Schwerpunkts ist zum Schaden der Mehrheit der Bevölkerung, ökonomischer Unsinn, schränkt die internationale positive Entwicklung ein – auch die gemeinsame Bewältigung der Klimakrise – und nützt den Ewiggestrigen.
Dagegen läßt sich aus der Geschichte lernen, wie beispielsweise im Friedensgebot des Grundgesetzes und dem zentralen Gewaltverzicht in der UNO-Charta zum Ausdruck kommt. Hier ist die „Friedenstüchtigkeit“ unzweideutig aus der Erfahrung von zwei Weltkriegen gefaßt.
Aber auch die 17 Globalen Entwicklungsziele (SDGs/Sustainable Development Goals), welchen sich die Universität Hamburg verpflichtet hat, weisen in eine ganz andere bessere Richtung. Frieden, die Beseitigung von Hunger und die Bewältigung der ökologischen Katastrophe sind gemeinsame übergreifende Ziele einer humanen Entwicklung. Ein derartiger Richtungswechsel ist dringend erforderlich. Verantwortliches eingreifendes Denken und Handeln steht also deutlich auf der gesellschaftlichen, globalen, regionalen und persönlichen Verantwortung. Ein Richtungswechsel zur allseitigen Gesundung. Alle können mit diesen höheren Zwecken sinnvoll wachsen. Wir müssen nicht abschieben oder „kriegstüchtig“ werden.