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In schwerer Erklärungsnot
Da ist etwas faul
„Natürlich ist Sicherheit ein Schwerpunktthema der AfD. Wofür steht die Partei aus Ihrer Sicht ansonsten, wenn Sie nur drei Schlagwörter benutzen dürfen? Erstens die Eurostabilität, die ja auch schon bei der Gründung der AfD eine große Rolle gespielt hat. Zweitens die Energieversorgung, die so unsicher ist wie nie. Wir wollen zurück zum sicheren Atomstrom.Und drittens die unkontrollierte Zuwanderung, die aber auch für das Thema Sicherheit mit verantwortlich ist. (…) Bei den Logo-Thesen fehlt noch der Klimawandel. Ist der Mensch dafür verantwortlich, wie es die meisten Wissenschaftler behaupten, oder nicht, wie es viele von der AfD behaupten? Es gab in den letzten Jahrzehnten einen deutlichen Temperaturanstieg, das will ich gar nicht bestreiten. Aber ich habe früher als Schüler auch schon häufig hitzefrei gehabt. Und schon im Mittelalter hatten wir eine Warmzeit. Man sollte also nicht jedes Unwetter, das uns heimsucht, auf den angeblichen vom Menschen gemachten Klimawandel schieben.(...)Wir könnten Ihnen eine ganze Reihe von menschenverachtenden Aussagen von Parteikollegen vorlegen. Nur ein Beispiel: „Brennende Flüchtlingsheime sind kein Akt der Aggression, sondern ein Akt der Verzweiflung gegen Beschlüsse von oben.“ Das hat Ihr Parteikollege Sandro Hersel gesagt … So eine Formulierung ist schlimm – und so etwas werden Sie von mir niemals hören. Der Gedanke „Brennende Flüchtlingsheime“ ist nicht akzeptabel. Und trotzdem: Unter dem Strich stimmt meiner Meinung nach bei der AfD die Einstellung. Wirklich? Sie selbst haben 2020 in einem Interview gesagt, dass Thüringens AfD-Chef Björn Höcke in einer demokratischen Partei nichts zu suchen habe. Viele halten Herrn Höcke sogar für gefährlich. Ist er gefährlich? Obwohl mir weiß Gott nicht jede Äußerung von Herrn Höcke gefällt, halte ich ihn nicht für gefährlich. Herr Höcke ist auch nicht der Steuermann der AfD. (…) Also die meisten Männer bei uns sind weder alt noch wütend. Aber grundsätzlich kann ich sagen, dass die alten, weißen Männer genau diejenigen sind, die wissen, wie es läuft. Darum werden sie ja auch bekämpft …“
Dirk Nockemann (AfD-Chef in Hamburg), im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“, 18.9.´23.
Antifaschismus mit (Welt-)Ausblick
„Das schon gegenwärtig herrschende Elend gibt nur eine schwache Vorstellung von dem, was kommen muß. Und warum muß es? Weil eine Handvoll stupider Verbrecher den ökonomischen und sozialen Umbildungsprozeß, in dem sich unsere Welt befindet, ausnutzt zu einem sinnlos-anachronistischen Alexanderzug der Welteroberung? Ja, nur aus diesem Grunde. Was am Ausgang dieses Krieges stehen muß und wird, ist klar. Es ist der Beginn einer Weltvereinigung; die Schaffung eines neuen Gleichgewichts von Freiheit und Gleichheit; die Wahrung der individuellen Werte im Rahmen der Forderungen des kollektiven Lebens; der Abbau der nationalen Staatssouveränität und die Errichtung einer Gesellschaft freier, aber der Gesamtheit verantwortlicher Völker mit gleichen Rechten und Pflichten. Die Völker sind reif für eine solche Neuordnung der Welt.“
Thomas Mann, „Deutsche Hörer!“, Radioansprachen nach Deutschland (1940-1945), November 1940.
Dirk Nockemann, der innerhalb des braunen Teiches einer sehr reaktionären Partei als gemäßigte Kröte gelten will, kommt selbst bei den Fragen des eher gemütlichen „Hamburger Abendblattes“ in mittelschwere Bedrängnis.
Björn Höcke darf (und sollte) als Nazi – gerichtlich bestätigt – bezeichnet und muß als solcher politisch bekämpft und marginalisiert werden. Diktatur, Weltkrieg und staatlich organisierte Massenvernichtung von meist jüdischen Menschen wurden durch die Anti-Hitler-Koalition (UDSSR, USA, Großbritannien) im Mai 1945 besiegt. Auch der mannigfaltige antifaschistische Widerstand hat zu diesem positiven Ende mit beigetragen. Die Kapitulation wurde am 8. Mai des Jahres besiegelt. (Deshalb sollte der 8. Mai auch zum gesetzlichen Feiertag werden. Für das historische Bewußtsein sowie die erreichten als auch die noch uneingelösten Schlußfolgerungen der Folgezeit bis heute.)
Thomas Mann hat schon in seiner zweiten Radioansprache den Faschismus gnadenlos als bestialisch und kriegerisch charakterisiert, aber dagegen auch schon eine Skizze für eine humane Weltordnung nach der Überwindung von Diktatur und Krieg skizziert. (Diese Ansprachen wurden aus den USA, dem Exilland des Autors, nach Großbritannien geflogen, um von der BBC aus zum heimlichen Hören nach Deutschland gesandt zu werden.)
Nach der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 1945 waren viele Hoffnungen vorhanden für eine prinzipielle Besserung der Weltgemeinschaft und ihre sozialen, kulturellen und demokratischen (Neu-)Bedingungen. Dafür wurde vielfach hart gerungen.
Zu den Ergebnissen gehörten das Grundgesetz und die Konstituierung der UNO, die in ihrer Charta zentral das Friedensgebot bzw. den Gewaltverzicht kodifiziert hat.
Wer heute dem Zustand der Gesellschaften begegnet und ihn kritisch reflektiert, wird an diesen Gegensatz von Barbarei und Zivilisation erinnert. Daraus sind weitreichende Schlußfolgerungen zu ziehen.
Als Erstes: Verharmlosen gilt nicht. Zweitens: Wegducken macht es nicht besser. Drittens: Skandalisieren allein hilft nicht. Viertens: Eine wahrhafte Alternative zur vermeintlichen Alternative muß zunehmend aufgebaut werden. Fünftens: Dieser Aufbau sollte alle gesellschaftlichen Bereiche (Arbeit, Soziales, Bildung, Kultur, Gesundheit, demokratische Teilhabe) umfassen. Sechstens: Für diesen Aufbau sind viele Kräfte in der Gesellschaft vorhanden.
Der Weltfrieden stehe dabei an erster Stelle der Humanisierung. Die tatsächliche soziale Sicherheit sowie materiell angemessene und sinnvolle Arbeitsverhältnisse sind weitgehend ein Garant dafür, daß die Ewiggestrigen kein Einfallstor für ihren völkischen Unsinn finden. Die Umwandlung militärischer Energien und Mittel in zivile Vorhaben ermöglichen die Bewältigung der Klimakrise und die Überwindung von Hunger und Elend in der Welt. Die Entkommerzialisierung des Gesundheitswesens schafft erforderliche Voraussetzungen für eine neue Heilungswirkung der (öffentlichen) medizinischen Einrichtungen. Bildung, Kultur und Wissenschaften entwickeln im notwendigen bessern Fall einen stärkeren Akzent für die tiefgreifende Humanisierung der Welt bzw. die kooperative Mündigkeit der Persönlichkeiten.