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Vernunft hilft wirklich
„Berlin – Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke hat mit seinem Auftritt beim MDR-Sommerinterview für Entsetzen bei Bildungs- und Sozialverbänden sowie Gewerkschaften gesorgt. Seine Äußerungen, dass die inklusive Beschulung von Kindern mit Behinderung oder der „Gender-Mainstream-Ansatz“ Ideologieprojekte seien, von denen das Bildungssystem „befreit“ werden müsste, bezeichneten seine Kritikerinnen und Kritiker als „Tabubruch“ und „Angriff auf die Menschenwürde“. Wie der Spiegel am Mittwoch (9. August) zitierte, hatte Höcke sich in dem Gespräch am Vormittag gegen die Regelbeschulung von Kindern mit Behinderung geäußert, mit der Begründung, dass es sich dabei um einen „Belastungsfaktor“ im Schulsystem handle. Dass Kinder mit Behinderung auch in Regelschulklassen gehen können, ist eine Folge der UN-Behindertenrechtskonvention, die allen Menschen ein Recht auf gleichberechtigte Teilnahme zusichert. Deutschland ist einer von 185 Staaten, die den 2008 geschlossenen Vertrag ratifiziert und sich so zu seiner Umsetzung bekannt haben. Nach Höckes Ansicht seien solche „Ideologieprojekte“ allerdings „Projekte, die unsere Schüler nicht weiterbringen, die unsere Kinder nicht leistungsfähiger machen und die nicht dazu führen, dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen.“
Sandra Kathe, „Höcke empört im Sommerinterview mit Aussagen über Kinder mit Behinderungen“, „Frankfurter Rundschau“ online, 13.8.´23.
„Die exzentrische Seelenlage einer der Idee entlaufenen Menschheit entspricht eine Politik im Groteskstil mit Heilsarmee-Allüren, Massenkrampf, Budengeläut, Halleluja und derwischmäßigem Wiederholen monotoner Schlagworte, bis alles Schaum vorm Munde hat. Fanatismus wird Heilsprinzip, Begeisterung epileptische Ekstase, Politik wird zum Massenopiat des Dritten Reiches oder einer proletarischen Eschatologie [ theolog. „die letzten Dinge“], und die Vernunft verhüllt ihr Antlitz. (…) Aber der Augenblick ist längst gekommen, zu erkennen, daß die gesellschaftliche Klassenidee weit freundlichere Beziehungen zum Geist unterhält als die bürgerlich-kulturelle Gegenseite, die nur zu oft erkennen gibt, daß sie die Berührung mit dem lebendigen Geist, die Sympathie mit seinen Lebensforderungen verloren und verlernt hat.“
Thomas Mann, „Deutsche Ansprache/Ein Appell an die Vernunft“, 1930 (!).
Björn Höcke darf, laut Gerichtsbeschluß, „Faschist“ genannt werden. Die AfD ist eine erwiesen rechtsextreme Partei. Der historische Rück- oder Fehlgriff dieser reaktionären Ansammlung reicht mittlerweile bis mindestens 1933 und will die Befreiung und ihre (noch unzureichenden Ergebnisse) nicht wahrhaben bzw. eliminieren. Der Sozialdarwinismus (Vernichtung „unwerten Lebens“), Aufrüstung, Krieg, Massenvernichtung, Elend und Zerstörung waren die Ergebnisse der Diktatur, die durch die Anti-Hiter-Koalition (USA, UDSSR, Großbritannien) sowie durch vielfache Widerstandsaktivitäten beendet werden konnte. Neue humane und zivilisatorische Ansprüche – nicht ohne Widersprüche und Hemmnisse - traten auf den Plan einer besseren Menschheitsentwicklung.
Davon ist auch das Grundgesetz mit seinen Friedensgebot und den Grundrechten ein ethisch-normativer Ausdruck.
Die Menschenwürde (Art. 1) ist ein Gleichheitsgrundsatz. Ebenso die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2), die Gleichheit vor dem Gesetz, (Art. 3), die Bekenntisfreiheit und die Meinungsfreiheit (Art. 4 u. 5), die Versammlungsfreiheit (Art. 8), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9), die Möglichkeit von Sozialisierungen (Art. 14 u. 15) sowie die Bestimmung der Bundesrepublik als demokratischen und sozialen Rechtsstaates.
Damit ist ein positiver Freiheitsbegriff für Gestaltung gegeben, die dauerhafte Maßstabssetzung der gesellschaftlichen Entwicklung kodifiziert sowie die Berufungsmöglichkeit bei Verstößen gegen soziale, demokratische und menschenwürdige Normierungen und ihre Praxis unumstößlich vorhanden.
Damit sind ebenfalls weltliche juristische Gebote gesetzt, die ihrem Inhalt nach den Kriterien von Vernunft und Aufklärung folgen. Das „Nie wieder!“ oder auch das „Wehret den Anfängen!“ impliziert gleichwohl den Anspruch einer alternativen Gestaltung, die über Parlamente und Regierungen hinausgeht und auch vor den Toren von Unternehmen (Betriebsverfassungsgesetz) und öffentlichen Einrichtungen (z.B. an den Hochschulen: Personalräte, Akademische Selbstverwaltung, studentische Interessenvertretung) nicht Halt macht.
Damit sind auch Entfaltungsmöglichkeiten für „mündige Bürger“ bzw. sozial verantwortliche Persönlichkeiten gesetzt, die ja auch vielfach praktisch erkannt und sozial realisiert werden. (Ebenso in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen und Initiativen.)
Diese Tatsachen sind neu zu begrüßen und aktiv wahrzunehmen.
Vernunft hilft wirklich. Verordnete Unmündigkeit ist kein Schicksal. Niemand ist mit seinen Ansprüchen allein. Alle können sich erkennen geben.