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Kontra!
„Ein Lehrstück rechtsextremer Hegemoniepolitk: Der umtriebige Martin Sellner, Anführer der identitären Bewegung, diskutiert bei einem Geheimtreffen mit Unternehmern, Christdemokraten und AfD-Politikern, darunter Roland Hartwig, persönlicher Referent von Parteichefin Alice Weidel, wie sich ein für sie zentraler Plan umsetzen lässt: die >Remigration<. (…) Remigration bedeutet, dass Menschen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft deportiert werden sollen – aufgrund ihrer Abstammung oder fehlenden Assimilation an das künftige Regime der Rechtsextremen. (…) Das Ziel einer ethisch homogenen Volksgemeinschaft kann weder mit demokratischen Maßnahmen noch durch Gewalt einiger Zivilisten erreicht werden. Für die erwünschten millionenfachen Vertreibungen müssen die Rechtsextremen die Staatsgewalt unter ihre Kontrolle bringen, indem sie Wahlen gewinnen. Dafür sind Populismus und Selbstverharmlosung erklärte Strategien.“
Matthias Quent, Prof. für Soziologie und Vorstandvorsitzender des Instituts für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal, „Rezept? Remigration!“, in: „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 14.1.´23, S. 33.
„Davos. Die Krisen und Kriege der vergangenen Jahre haben die Schere zwischen Arm und Reich auf der Welt noch weiter auseinandergetrieben. Das geht aus einer Studie hervor, die die Entwicklungsorganisation Oxfam vor dem Start des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlichte. Demnach haben die fünf reichsten Menschen der Welt - allesamt Männer - ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt. Gleichzeitig wurden fast fünf Milliarden Menschen, die ärmsten 60 Prozent, noch ärmer. (…) „Milliardäre werden reicher, die Arbeiterklasse hat zu kämpfen und die Armen leben in Verzweiflung. Das ist der unglückliche Zustand der Weltwirtschaft“, schreibt US-Senator Bernie Sanders im Vorwort der Studie. Niemals zuvor habe es eine solche Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen gegeben. Auch die Gier, Arroganz und Verantwortungslosigkeit seien beispiellos.(…) Oxfam fordert daher eine Besteuerung hoher Vermögen. Die Mittel daraus müssten in den Klimaschutz, den Ausbau von Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherung investiert werden. Das gelte in Deutschland genau wie weltweit. Auch in Deutschland sei das Gesamtvermögen der fünf reichsten Bürger seit 2020 inflationsbereinigt um fast drei Viertel (73,85 Prozent) gewachsen, von rund 89 auf etwa 155 Milliarden US-Dollar.“
„Hamburger Abendblatt“, 15.1.´23.
„Marcellus [Offizier der Wache]: Nun setzt euch, Herrn; und wer es weiß, der sag mir:
Was soll dies Wachehalten, streng vor Sorgfalt,
Das Nacht für Nacht die Landeskinder plagt?
Was gießt man täglich erzene Kanonen
Und kauft auf fremden Märkten Kriegsgerät?
Was preßt man so viel Zimmerleut zum Schiffsbau
Und trennt den Sonntag nicht vom sauren Werktag?-
Was steht bevor, daß diese schwitzende Hetzjagd
Die Nacht dem Tag zum Mitarbeiter aufzwingt?
Wer kann mir das erklären?“
William Shakespeare, „Hamlet“ (1602), Erster Akt, erste Szene, in einer Übersetzung von Erich Fried.
Bemerkenswert: Während der jüngst verstorbene Franz Beckenbauer („Kaiser Franz“) medial zum soften Star der Nation stilisiert wird, demonstrieren in der Republik Zehntausende gegen die Nazi-Partei – das wird man ja wohl noch sagen oder schreiben dürfen – AfD. Das kommt spät, ist aber gut so und sollte konsequent fortgesetzt werden.
Werde diese braune politische Formation in einem Bundesland oder gar auf zentraler Ebene regieren oder mitregieren, dann ist es aus mit dem Friedensgebot, der Menschenwürde, der Persönlichkeitsentwicklung, der Gleichheit vor dem Gesetz, dem Streikrecht, der Meinungs-, Kunst- und Wissenschaftsfreiheit, dem Sozialstaat, der Gewaltenteilung und überhaupt der Bewegungsfreiheit sowie einer halbwegs anständigen Kultur im menschlichen Miteinander – alles normative Verfassungsgebote aus der Erfahrung des historischen Faschismus (1933-1945, Diktatur, Krieg und Massenvernichtung).
Aber auch schon heutzutage ist es nicht weit her mit der tatsächlichen Verwirklichung dieser humanen Maßstäbe, die auch internationale mit den Menschenrechten und der UNO-Charta unruhig der sozialen und zivilen Realisierung harren.
Wenn beispielsweise die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verlautbart, daß die Bundesregierung der Lieferung von Eurofighter-Kampfjets (inklusive Iris-T-Raketen) an Saudi-Arabien nicht länger im Wege stehen werde, so ist der Grundsatz keine Lieferungen vom Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete grob fahrlässig außer Kraft gesetzt. Saudi-Arabien – ein Folter- und Todesstrafenland – ist wieder Rüstungspartner der Bundesrepublik Deutschland. Dahinter steht das Herstellerkonsortium und macht Druck für den Bau des Euro-Fighters für den Fortbestand der hiesigen militärisch orientierten Luftfahrtindustrie.
Solche dem Grundsatz und Gesetz nach widrigen Maßnahmen behindern empfindlich die zivile internationale Entwicklung und schränken die soziale Daseinsvorsorge sowie die öffentlichen Bereiche Bildung, Kultur und Gesundheit maßgeblich ein. Zudem wird an der „Schuldenbremse“ sowie an der Geringbesteuerung von Reichtum und Vermögen festgehalten.
Wer kann uns das erklären?
Über den enormen Kriegs- und Rüstungsunsinn hinaus macht die neustes Oxfam-Studie deutlich, wie sehr die soziale Ungleichheit im internationalen Maßstab, aber auch hierzulande, als ein deutliches Negativum gewachsen ist.
Diese politische Reichtumgsbegünstigung zu Lasten des Allgemeinwohls, der humanen Entwicklung für die Mehrheit der Menschen bzw. die Bewältigung der globalen Probleme (Krieg, Armut, Umweltzerstörung) betrifft auch die jeweilige Persönlichkeitsentwicklung und nährt die Nazi-Partei AfD.
Dagegen ist kein Kraut gewachsen; da helfen nur kritische Wachsamkeit, demokratisches Engagement in steigendem Ausmaß und die Realisierung der Ansprüche, die gemäß Vernunft und Perspektive nach 1945 gebildet worden sind.
Daran sollte sich auch in den Wissenschaften erweitert tätig erinnert werden. Das gilt beispielsweise für die engagierte Anwendung der Zivilklausel in allen Bereichen. Danach werden typischerweise nur noch Handelschiffe mit alternativen Antrieben gebaut und eingesetzt. Und die Schiffbauer haben ihren freien Sonnabend und Sonntag. Die „schwitzende Hetzjagd“ muß beendet werden.