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Öl!
Eine frühe Warnung
„700 Intellektuelle beten einen Öltank an
Ohne Einladung
Sind wir gekommen
700 (und viele sind noch unterwegs)
Überall her, wo kein Wind mehr weht
Von den Mühlen, die langsam mahlen, und
Von den Öfen, von denen es heißt
Daß kein Hund mehr hervorkommt.
Und haben dich gesehen
Plötzlich über Nacht
Öltank.
Gestern warst du noch nicht da
Aber heute
Bist nur du mehr.
Eilet herbei, alle!
Die ihr absägt den Ast, auf dem ihr sitzet
Werktätige!
Gott ist wiedergekommen
In der Gestalt eines Öltanks.
Du Hässlicher
Du bist der Schönste!
Tue uns Gewalt an
Du Sachlicher!
Lösche aus unser Ich!
Mache uns kollektiv!
Denn nicht, wie wir wollen
Sondern, wie du willst. (...)“
Bertolt Brecht, 1927.
Krieg und Öl
„Nachdem der jüngste Angriff Israels auf Iran nicht in dem Umfang erfolgte wie zunächst befürchtet, sind am Montag die Ölpreise deutlich gefallen. Nordseeöl der Sorte Brent und amerikanisches WTI-Leichtöl sind am Montag jeweils um fast sechs Prozent billiger geworden. (…) >Es herrscht Erleichterung darüber, dass Israels Militärschlag gegen den Iran weniger heftig ausgefallen ist als befürchtet<, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager des Vermögensverwalters QC Partners. Zu dieser Erleichterung trage auch bei, dass weder Ölfelder noch Atomanlagen Ziel des Vergeltungsschlages gewesen seien. Auch kündigte Iran zwar eine >angemessene Antwort< an, machte aber deutlich, dass das Land nicht auf einen Krieg aus sei. Analysten der Citygroup senkten ihre Preisprognosen für Brent und verwiesen auf geringere Risiken aus dem Konflikt im Nahen Osten.“
Martin Hock, „Erleichterung auf dem Ölmarkt nach Israels Angriff“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 29.10.´24, S. 23.
Öffentlichkeit und Vernunft
„Es soll und kann nicht jeder alles machen, aber es müsste in den Sendern schon so etwas geben wie kleine Stoßtrupps des Geistes. (…) Oberflächlichkeit ist aber der absolute Feind eines jeden Programms. (…) Öffentlichkeit ist ja so etwas wie die Atemluft des Geistes. (…) Digitalität bedeutet heute pure Verfügungsmacht. (…) Chips sind aus Silizium, also aus Sand. Viel Sand nennt man Wüste. In der Wüste gibt es Oasen, an denen können wir bauen.“
Alexander Kluge (Schriftsteller, Fernsehproduzent) im Gespräch mit „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), „Die Atemluft des Geistes“, 28.10.´24, S. 9.
Der Mensch
„Dass der Mensch eine zutiefst kriegerische Natur besitzt, ist ein Phantasma, das wie ein roter Faden seit mehr als 200 Jahren durch die Kulturgeschichte führt. Es war so erfolgreich, weil die angeblich böse und sündhafte Natur die harte Hand von Kirche und Herrscher rechtfertigte: Man musste die Menschen vor sich selber schützen. Höchste Zeit, sich von diesem Unterdrückungsnarrativ zu befreien.“
Der Archäologe Harald Meller im Gespräch mit dem „SPIEGEL“, Nr. 44/26.10.´24, S. 91.
Wir sehen: Die Ölpreise sind auch immer ein sensibler Indikator des politischen Weltgeschehens. Die Eskalation von Kriegshandlungen, zumal wenn sie die Ölfelder betreffen, lassen die Rohstoffpreise steigen, die Relativierung der Gefahren führt unverzüglich zu einer Preissenkung. Krieg ist also nicht nur zerstörerisch und selbst teuer, sondern läßt auch die Preise steigen. (Daran hängt einiges.)
Erdöl ist seit nunmehr mindestens hundert Jahren einer der wichtigsten Rohstoffe der Industriegesellschaft. Er ist fossiler Energieträger und Basis nicht nur von Treibstoffen, sondern auch Grundstoff der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Wegen dieser universellen ökonomischen Bedeutung wird das Erdöl auch „Schwarzes Gold“ genannt. Die Erdölkonzerne gehören zu den größten globalen Wirtschaftskonzernen. Zwecks bester Verfügung des gefragten Rohstoffes werden auch Kriege geführt. Die Kriegslüsternheit wohnt demnach nicht dem Menschen als solchem, seiner Natur, jedoch dem ökonomischen Wettbewerb respektive den Geschäften inne, die damit gemacht werden können sollen. Auch wird auf diese schädliche Weise der Bewältigung der Klimakrise entgegengewirkt, die sich wesentlich durch die Forcierung regenerativer Energiegewinnung sowie ebenso durch die Stärkung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs überwinden läßt.
Gar nicht zu schweigen von der zivilen und kooperativen Entwicklung der menschlichen Weltgemeinschaft zur Überwindung von Hunger, Elend und Gewalt, zugunsten einer demokratischen Entfaltung der Gesellschaften, an deren Beginn die Beendigung von Kriegen sowie die bewußt neue Bedeutung von Diplomatie, die sorgfältige Berücksichtigung von Interessen bzw. die aussichtsreiche zivile Konfliktregulierung stehen.
Hand in Hand sollten dabei die Rationalität des Erkennens und die gemeinsame Gestaltung nach den Maßstäben der Humanität gehen. Bildung, Kunst und Kultur, soziale Grundstrukturen, die förderliche Gesundheitsversorgung und nicht zuletzt ein aufgeklärtes Menschenbild müssen in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung gegen Gewalt, Elend und Unvernunft mit neuem Elan gestärkt werden. Die Realisierung dieser eigentlich menschlichen Zwecke ist Möglichkeit und Aufgabe der Vielen für Vieles und die Renaissance des Allgemeinwohls. Darin besteht eine akute Sinngebung sozialen Handelns und gleichermaßen das beste Kontra zu Braun, Schwarz und Ewiggestrigem.
Forschung, Lehre und Bildung gewinnen dadurch erfreulich neuen Schwung. Der Geist füllt seine Lungen. Die Vitalität der Vernunft zeigt Wirkung.