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Eine neue Tendenz
Zur leitenden Erinnerung
„Aber ist es nicht undemokratisch, eine Partei zu verbieten, weil sie unliebsame Meinungen vertritt? Die bundesdeutsche Demokratie wurde nicht für das gesamte Meinungsspektrum gegründet. Sie stand und steht unter dem Vorbehalt des >Nie wieder<. Etwas Ähnliches wie der Nationalsozialismus sollte sich nicht wiederholen können. So sahen das die Väter und Mütter des Grundgesetzes, deshalb haben sie die Würde des Menschen für unantastbar erklärt, deshalb haben sie die Möglichkeit geschaffen, verfassungsfeindliche Parteien verbieten zu lassen.
Die DDR ist diesen Weg auf ihre Weise gegangen und hat sich zum >antifaschistischen Staat< erklärt, ein anderer Ausdruck für das >Nie wieder<.
Ohne ein solche Bekenntnis hätten sich die beiden deutschen Staaten überhaupt nicht gründen können, es ist die Voraussetzung ihrer Existenz.“
Dirk Kurbjuweit, „Die Lammfrommen und die Unbedingten/Warum es falsch wäre, der AfD ein Verbotsverfahren zu ersparen“, „SPIEGEL“ Nr. 6/3.2.´24, S. 50 u. 51, hier S. 50.
Zu überwindende Hindernisse
„Wenn ein sonst verständiger Patient eine bestimmte Zumutung [rationale Herausforderung] mit einer besonders dummen Begründung zurückweist, so verbürgt diese logische Schwäche die Existenz eines besonders starken Motivs zum Widerspruch, das nur affektiver Natur, eine Gefühlsbindung [an das Gang und Gäbe] sein kann.“ (…)
Das Denkverbot, das die Religion im Dienste ihrer Selbsterhaltung [„Erlösung“ nur metaphysisch, Hegemonie:“Du bist unbedeutend“] ausgehen läßt, ist keineswegs ungefährlich, weder für den Einzelnen noch für die menschliche Gemeinschaft. Die analytische Erfahrung hat uns gelehrt, daß ein solches Verbot, wenn auch ursprünglich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt, die Neigung hat sich auszubreiten und dann die Ursache schwerer Hemmungen in der Lebenshaltung der Person wird.“
Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1916-1917, 35 Vorlesung, „Über eine Weltanschauung“ (Religion).
Kritische Konsequenz
„Die Klugheit des Menschen läßt sich aus der Sorgfalt ermessen, womit er das Künftige oder das Ende bedenkt. Respice finem.“ (973)
Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“ Heft F, 1776-1779.
Nach wie vor demonstrieren in der Republik Hunderttausende gegen Rechtsextremismus, Rassismus und die AfD. Unter sie mischen sich ebenso RegierungsvertreterInnen, leitende Mitglieder von CDUCSU, FDP, Grünen und SPD. Sie loben das Engagement für „unsere Demokratie“.
Zunehmend werden aber Auffassungen und Forderungen deutlich – von Gewerkschaften, Sozialverbänden und der Friedensbewegung -, daß sich die zur Zeit Regierenden deutlicher von den Rechtsextremen unterscheiden müssen: Die Migration ist nicht als Gefahr zu beschwören. Die Demontage des Asylrechts ist unmenschlich. Abschiebungen haben zu unterbleiben. Die soziale Notlage im Land ist zu beheben. Grenzenlose Solidarität ist erforderlich. Kriege und Aufrüstung sind zu beenden.
Damit beginnt das Engagement gegen den Rechtsextremismus und seine Vertreter klarere Konturen zu gewinnen.
Das Primat der Menschenwürde steht nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Friedensgebot, der Gleichheit vor dem Gesetz, der Entfaltung der Persönlichkeit, der Allgemeinwohlverpflichtung des Eigentums, dem föderalen Sozialstaatsgebot sowie der Gewaltenteilung.
All dies sind Schlußfolgerungen und Maßstäbe (im Grundgesetz), die positiv aus den einmalig negativen Erfahrungen von Diktatur und Krieg (1933-1945) gezogen und gebildet worden sind. Sie bedürfen stets der erweiterten politischen, sozialen, kulturellen und demokratischen Verwirklichung. Auf diesen Weg zur Tatsächlichkeit der höheren Zwecke einer zu gestaltenden Gesellschaft sollte jede Bewegung gehen. Mit diesem gebildeten solidarischen Sinn ist das beste Kontra zur Marginalisierung des Rechtsextremismus realisiert.
Dafür bedarf es des Engagements in allen gesellschaftlichen Bereichen. In Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Gesellschaftliches und persönliches Engagement sollte (wieder) dauerhaft selbstverständlich werden.
Das gilt gleichfalls für die Bildung, für Schulen und Hochschulen. Das ABC ist nicht braun, der Mensch dem Menschen kein „natürlicher“ Feind und die Wissenschaften sind in ihrem Wesen der Wahrheitsfindung der Aufklärung sowie der Humanität verpflichtet. So ergeben für Forschung, Lehre und Bildung die gesellschaftliche Verantwortung respektive die Herausbildung mündiger solidarischer Persönlichkeiten ihren eigentlichen Auftrag zur permanenten Schaffung menschenwürdiger Lebensbedingungen.
Ein Ausweichen davor mag es nicht geben. Diese Bedeutung eröffnet eine weite Perspektive.