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Boris Pistorius, eine Marionette?
Die Puppe
„Marionette: [frz. eigtl. >Mariechen<] die 1) Figurentheater: Gliederpuppe, die im Unterschied zu den Handpuppen an Fäden, Stangen oder Drähten von oben oder unten geführt wird.; früheste Beispiele solcher M. Finden sich im griech.-byzant. Kulturkreis oder antiken Rom2) übertragen: unselbständiger, von einem anderen als Werkzeug benutzter Mensch.“
Brockhaus, München 2010, S. 4757.
Der Minister
„Pistorius ärgert sich über Bundeswehr-Schelte: „Mir reicht es!“
In diesem Ton ging es weiter, als Pistorius auf die Bundeswehr und die Kriegstüchtigkeit Deutschlands zu sprechen kam: „Ich kenne kein Land, in dem so schlecht über die eigenen Streitkräfte geredet wird wie in Deutschland. Und ich sage ganz ehrlich: Mir reicht es!“ Die Truppe habe es nicht verdient, dass so über sie gesprochen werde, wie das der Fall sei, „sie
ist auch viel besser als ihr Ruf“. Damit Deutschland in Zukunft seinen Pflichten in der Nato gerecht werden könnte, würde es aber nicht reichen, jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung beziehungsweise Kriegstüchtigkeit auszugeben: „Die Verteidigungsausgaben müssen weiter kontinuierlich steigen“, forderte Pistorius und verkündete außerdem, dass das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bis zum Jahresende verplant sein werde.
Pistorius kündigt Vorschlag zu neuer Wehrdienstform an Schon in den nächsten Wochen werde zudem er einen Vorschlag zu einer angepassten Form des Wehrdienstes vorlegen, so der Minister weiter: „Denn die brauchen wir dringend.“ Indirekt entschuldigte sich Pistorius für den Begriff Kriegstüchtigkeit, den er selbst Ende vergangenen Jahres in die Debatte eingebracht hatte: „Ich weiß, dass das Wort hässlich ist, und mir geht es nicht um Alarmismus, wenn ich es verwende. Mir geht es darum, uns auf den Ernstfall vorzubereiten. Und nur eine kriegstüchtige Bundeswehr kann verhindern, dass es am Ende überhaupt zu diesem Ernstfall und zum Äußersten kommt.“
Rede beim Überseetag, „Hamburger Abendblatt“, 6.5.´24.
Der Herr
„Der Vorstandsvorsitzende des Rüstungskonzerns Rheinmetall sieht die Politik in der Pflicht, die Militärausgaben langfristig zu steigern, damit Deutschland verteidigungsfähig wird. >Man muss deutlich sagen, dass das Geld fehlt<, sagte Armin Papperger am Donnerstagabend vor der Wirtschaftspolitischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. So müsse der deutsche Verteidigungshaushalt von derzeit 52 Milliarden Euro mindestens 30 Milliarden Euro aufgestockt werden. (…) Schon jetzt verdoppelt Rheinmetall in seinen Werken in Deutschland, Südafrika und Spanien die Kapazität in seinen Pulverwerken, ein neues entsteht in Rumänien. Mit Indien und den Vereinigten Staaten gebe es ebenfalls erste Gespräche über neue Munitionswerke.“
Jonas Jansen, „Der Bundeswehr fehlt es an allem“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 4.5.´24, S. 24.
Früh erkannt
„Wenns gut geht, wirft sich der Unternehmer in die Brust; sein Verdienst beruht auf seinem Verdienst, und wenn er das Risiko getragen hat, will er auch den Hauptteil des Gewinnes für sich.
Wenns schief geht, sind die Umstände dran schuld. Dann muß der Staat einspringen und das Defizit decken, denn Kohlengruben, Stahlwerke und die Landwirtschaft dürfen nicht Not leiden. Und sie leiden auch keine Not, weil sie notleidend sind.
Auf alle Fälle aber kann der Unternehmer nichts dafür, er trägt die Verantwortung, und wir tragen ihn.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, 1931.
„Kriegstüchtigkeit“? Man mag seinen fünf wachen Sinnen kaum glauben: Welchen Unterricht oder welche historische Erkenntnis hat der amtierende sogenannte Verteidigungsminister (SPD!) eigentlich nicht verschlafen?
In der Schule lernt mensch im besten Fall nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch Zuhören, Verstehen und ein aussichtsreiches Sozialverhalten. Ja, im besten Fall.
Aus der Geschichte lernt mensch im besten Fall, daß die äußerst mißliche Erfahrung von zwei Weltkriegen die Menschheit für alle Zeit von der Kriegslüsternheit heilen sollte. Teifgreifend. Im besten Fall.
Aus der Geschichte der SPD lernen ihre Mitglieder und nicht nur sie im besten Fall, daß die Zustimmung zu den Kriegskrediten (1914) einen Weltkrieg mit ermöglicht hat und daß andererseits die Aktivitäten gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland (nur bedingt erfolgreich) sowie das Engagement gegen die eigenständige atomare Bewaffnung des Landes (weitgehend erfolgreich) sowie die Bemühungen um politische Entspannung (1970er Jahre) international und zwischen den politischen Systemen die Vermeidung des Militärischen zumindest nahelegen.
Diese Vermeidung ist auch zunehmend angebracht. Besser geht immer.
Die Welt muß gesteigert zivil und friedlicher werden, damit gegen Elend und Umweltzerstörung eine menschenwürdige Entwicklung ernsthaft in fundamental praktische Aussicht genommen werden kann.
Darüber hinaus gibt es überall enorm viel Gutes zu tun. Rüstung und bellizistische Propaganda wirken auch schon ohne den Einsatz immer zerstörerischer Waffen enorm destruktiv.
Es fehlen zunehmend geistige und materielle Potentiale für die Entwicklung der sozialen Infrastruktur, für das Gesundheitswesen, die Bildungseinrichtungen, den Kunst- und Kulturbereich sowie die soziale Daseinsvorsorge. Auch hindern das Kriegskrakeel und die anachronistische Mentalität von Befehl und Gehorsam die Bereitschaft zu tieferem Denken, zu alltäglicher Kooperation sowie die eigentliche Selbstverständlichkeit internationaler Solidarität.
Außer Rand und Band wird dagegen fahrlässig die politische Verpflichtung zum Humanen verworfen. Emotionale Tonstärke tritt an die Stelle engagierter Rationalität.
Doch wiederum dagegen zeigen sich deutlich Bewegungen, Aktivitäten und Forderungen für eine friedliche und vernünftige Entwicklung der menschlichen Gesellschaften.
Gewalt und Profite sind nicht der Weisheit letzter Schluß.
Die Wissenschaften, Bildung und Ausbildung können und sollten sich mehr und mehr darauf konzentrieren, ihren unverzichtbaren Beitrag dafür zu leisten, daß wieder Vernunft, Weitblick und nahe Nützlichkeit erfreulich einkehren. Das macht den Sinn des Lebens lebendig.