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Gescholtene Jugend

Ein „Evergreen“

Aufmerksame Sicht
„FAS: Wie nehmen Sie die Stimmung unter den Jugendlichen wahr?
Sabine Andresen: Die Stimmung ist nicht gut, das sehen wir in Befragungen. Viele Jugendliche sind sehr skeptisch, was ihre Zukunft angeht. Sie machen sich Sorgen wegen des Kriegs, wegen der Inflation, wegen gesellschaftlicher Polarisierung und des Klimawandels. Trotz Fachkräftemangels befürchten manche, keinen Job und keine bezahlbare Wohnung in der Stadt zu bekommen. Bei jungen Menschen mit geringen finanziellen Mitteln hat die Existenzangst deutlich zugenommen. Was viele Jugendliche teilen, ist die Erfahrung, nicht gesehen zu werden. Das war schon vor der Corona-Pandemie so, hat sich aber massiv verstärkt. Im Zweifel ist der Politik der Engpass bei der Rente immer noch wichtiger als das Jugendhaus vor Ort, so sehen es viele.“

Die Jugendforscherin Prof. Sabine Andresen (Frankfurt/Main) im Interview mit Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 16.6.´24, S. 5.

Zu lösender Gegensatz
„der Freitag: Alle Bundesministerien sollen sparen, die Verteidigung nicht.
Butterwegge: Aufrüstung macht die Reichen reicher und die Armen zahlreicher. Das soziale Klima wird rauer, die sich vertiefende Kluft zu schließen, wäre Aufgabe der Regierung. Um mehr für Rüstung ausgeben zu können, kürzt sie jedoch beim Wohlfahrtsstaat, in der Arbeitsmarktpolitik und bei der Bildung, also auf den für sozial Benachteiligte zentralen Politikfeldern. >Rüstungs- oder Sozialstaat?< lautet die Alternative, vor der wir heute stehen. Durch die exorbitant steigenden Militärausgaben spitzen sich die Verteilungskonflikte zu.
Der Freitag: Wie könnte die Gegenwehr organisiert werden?
Die soziale Frage muss mit der Friedensfrage verbunden, der außerparlamentarische Druck durch gemeinsame Aktionen von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Globalisierungskritiker*innen sowie Klima- und Friedensbewegung erhöht werden. Die Zahl derjenigen, die >den Gürtel enger schnallen< müssen, dürfte gewaltig ansteigen. Die Einbußen treffen Millionen Menschen über die Transferleistungsbezieher*innen hinaus. Arme versetzt das in einen Ausnahmezustand, und auch die Mittelschicht gerät unter Druck.“

Prof. em. (Politikwissenschaften Uni Köln) im Interview mit „der Freitag“, Nr. 24/13.6.´24, S. 4.

Perspektive
„4
Wer, Verlorener wird es wagen?
Wer sein Elend nicht mehr tragen
Kann, muß sich zu jenen schlagen
Die aus Not schon dafür sorgen
Daß es heute heißt und nicht morgen.
Keiner oder alle. Alles oder nichts.
Einer kann sich da nicht retten.
Gewehre oder Ketten.
Keiner oder alle. Alles oder nichts.“

Bertolt Brecht, „Keiner oder alle“, Svendborger Gedichte , 1939.

Ein altes Lied, ein garstig Lied: Wenn es nach konservativer oder konventioneller Meinung ginge, hat „die“ Jugend noch nie etwas getaugt, d.h. sie war – pauschal negativ betrachtet – zu dumm, zu faul, zu desinteressiert, zu frech, zu brav, zu eigensüchtig, zu ängstlich, zu anspruchsvoll – kurzum: ein künstliches Spiegelbild erwachsener Unklarheiten, Befürchtungen und Wünsche bzw. unguter Anforderungen wie beispielsweise „Kriegstüchtigkeit“ und die dazugehörige Genügsamkeit.

Gefragt wird nicht nach links, nach rechts, nach reich , nach arm; nach wirklichen Erfahrungen, Motivationslagen und tatsächlichem Befinden, was ja das eigene Befinden berühren könnte und so deutlich machte, daß man sich – generationsübergreifend – in derselben schwierigen und änderunsgwürdigen Lage befindet. Krieg schafft in der Regel keinen Frieden. Die Waffenproduktion bindet zivile Potentiale. Militärischer Heroismus deformiert die Persönlichkeit. Befehl und Gehorsam sind kein Prinzip der Demokratie. Armut ist kein Naturgesetz. Die Reichensteuer(n) keine Freiheitsberaubung. Bescheidenheit war noch nie eine Zier.

So gesehen ist die internationale zivile Entwicklung der sozialen Demokratie eine notwendige Alternative zur Kriegstrommelei, Angst schürender Aufgeregtheit und – nicht zuletzt – das wirkungsvolle Kontra zu braunem Sumpf, Geschichtsklitterei und Gewalttätigkeiten aller Art.

Die Schaffung von Frieden dient gleichzeitig der positiven sozialen Entwicklung sowie der internationalen Kooperation zur Bildung menschenwürdiger Lebensbedingungen.

Gesund ist, was die Ängste in diesem Sinne und in dieser Art und Weise aus dem Wege räumt.

In diesem offenkundigen Zusammenhang sollten sich die Subjekte der Wissenschaften fächer- und ortsübergreifend auf den Wesenskern ihrer verantwortlichen Aufgabe für Wahrheitsfindung, Aufklärung und Bildung neu bewußt widmen. Wissen sei Veränderung, Entfaltung.

Ist der Geist stark, so sind auch die Taten in ihrem humanen Inhalt wirkungsvoll. Frieden bedeutet wesentlich das „Nie wieder“!, das „Wehret den Anfängen!“ respektive das begründete Engagement für eine bessere Welt. Die Mittel und Erfahrungen, die Mitwirkenden und Handlungsmöglichkeiten sind dafür vorhanden. Sie anzuwenden liegt auf der Hand. Mit dieser Praxis ist jede Generation positiv zu bewerten.
Sympathie ist eine Gestaltungsfrage.