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„Schnickschnack“?
Programm von gestern
„Tatsächlich lässt sich das neue Programm [der CDU] wie das Manifest jenes neuen Konservatismus lesen, der drauf und dran ist, die Vorherrschaft im politischen Diskurs zurückzugewinnen – gegen die Forderungen nach einer sozial-ökologischen Transformation des Wirtschaftssystems, gegen den Ruf nach mehr Verteilungsgerechtigkeit, gegen ein liberales Rechtsstaatsverständnis, gegen den Gedanken der Prävention in Fragen der inneren und äußeren Sicherheit. In relativ moderner, zugänglicher Sprache, aber in der Sache schonungslos, skizziert die Christdemokratie ein Land, das – kurz zusammengefasst – seine vermeintliche Stabilität nicht aus der notwendigen Veränderung bezieht, sondern aus drei Kernelementen: innere und äußere Sicherheit durch einen – polizeilich und militärisch – starken Staat; wirtschaftliche Prosperität durch einen möglichst wenig steuernden, also schwachen Staat; offene Grenzen für Waren und Kapital einerseits, nationale/europäische Abschottung gegen Geflüchtete andererseits, verbunden mit antiislamischen Tönen und der Verpflichtung der Gesellschaft auf eine vage definierte >Leitkultur<.“
Stephan Hebel, „Alles auf Anfang“, „der Freitag“, Nr. 19/8.5.´24, S. 1.
Lob für Deutschland
„Das Programm atmet Einigkeit darin, dass die Partei nicht mit Merkels Politik weitermachen konnte. Deshalb die Wende in der Migrationspolitik, deshalb die Wende in der Atompolitik, deshalb die Wende hin zur >Leitkultur<, deshalb die Abkehr vom Bürgergeld, deshalb die Betonung nicht einer >neuen<, sondern der guten alten Sozialen Marktwirtschaft, die ohne Schnickschnack auskommt.“
Jasper von Altenbockum, „Merz und der Thüringer Elefant“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“), 7.5.´24, S. 1 (Leitkommentar).
Notwendig despektierlich
„Ein Egoist könnte in allerlei lächerliche Situationen gebracht werden.“ (311)
Georg Christoph Lichtenberg, „Sudelbücher“, Heft D, 1773-1775.
Die CDU ist wieder mehr nach rechts gegangen. Auf ihrem Bundesparteitag hat sie erneut den ehemaligen Blackrock-Manager zum Parteivorsitzenden gewählt. Mit Programm und Vorsitzendem ist eine Annäherung an die AfD vollzogen worden.
Die „Zeitung für Deutschland“ (s.o.) bezeichnet den entwickelten oder den wieder zu entwickelnden Sozialstaat als „Schnickschnack“ (wertloses Zeug oder Spielshow von 1975-1977).
Ausreichende Renten, eine wirksame Gesundheitsversorgung, die Arbeitslosenversicherung bzw. das Bürgergeld sowie tarifliche Beschäftigungsverhältnisse machen den Plebs nur übermütig und schaden dem Standort respektive der Gewinnkurve.
Ganz zu schweigen von der bedarfsgerechten Entwicklung von Kitas, Schulen und Hochschulen. Ebenso unerwünscht der Anspruch Kultur für Alle.
Aus diesen Kapital-Gründen sind auch die Erbschafts- und die Vermögenssteuer teuflisches Zeug. Die gesellschaftliche Krise, die soziale Ungleichheit sollen vertieft werden. Daneben und gegen eine positive Sozialentwicklung ist die militärische Aufrüstung wohlgelitten.
Das ist bei Weitem nicht mehr das Ahlener Programm (1974) der CDU, das beginnt:
„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinwirtschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“ Uff!
Auch nicht mehr in Teilen die CDU-Sozialausschüsse, deren damaliger Vertreter, Norbert Blüm als Arbeits- und Sozialminister der Regierung Helmut Kohl, der 1986 erklärte, die Renten seien sicher.
Die Ansprüche nach der Befreiung von Faschismus und Krieg (1945), aber auch ebenso die Kategorien des Grundgesetzes wie das Friedensgebot, die Menschenwürde, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, der demokratische und soziale Rechtsstaat und die Allgemeinwohlverpflichtung des Eigentums sind hinweggefegt. Das ist weder ein angemessenes Kontra zur AfD, noch ein Lernen aus der Geschichte, noch eine adäquate Krisenlösung, noch eine intellektuell anspruchsvolle Konzeption.
Die CDU ist jedoch nicht allein auf der Welt. Überall regt und zeigt sich Engagement für eine humane Alternative. In der Friedensbewegung, in den Gewerkschaften und auch an den Hochschulen: Für Frieden, soziale Gerechtigkeit, wirkungsvolles Geschichtsbewußtsein und kulturelle Emanzipation. Eine Vitalisierung der Demokratie. Das Versammlungsrecht wird weiter Anwendung finden. Niemand muß sich fügen.