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Der Untertan
Der Rüstungsmensch
„Noch vor Kurzem kannte kaum jemand den untersetzten Mann mit dem schlohweißen Haar. Viele außerhalb der Verteidigungsbranche machten einen Bogen um den studierten Maschinenbauer, dessen Produkte Tod und Zerstörung bringen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Es herrscht wieder Krieg in Europa, die Welt zerfällt in Blöcke, und wie kein anderer hat Papperger [Rheinmetall-Chef] begriffen, was das für einen wie ihn bedeutet: fettes Geschäft. (…) Zehn Milliarden Euro, das sei der derzeitige Umsatz, 20 Milliarden werde man 2026 erreichen. 40 Milliarden benötige man, um >in den USA mitspielen zu können.< (…) In der Öffentlichkeit gilt wieder die Logik des Kalten Krieges: Wer den Frieden will, muss für den Krieg rüsten.“
Gerald Traufetter, „Der Unerschrockene“ „SPIEGEL Chronik“ 2024, Nr. 49a/4.12.´24, S. 125.
Schon damals
„Es spricht für den genialen Weitblick des Künstlers [Heinrich Mann], der den >U n t e r t a n< geschrieben hat, daß nichts, aber auch nichts, was in diesem Buche steht, so übertrieben ist, wie seine Feinde es gern wahr haben möchten. Man hat mir von rechts her immer wieder, wenn ich das Buch als den Anatomie-Atlas des Reiches rühmte, entgegengehalten: >Das gibt es nicht – das kann es nicht geben! Karikatur! Parodie! Satire! Pamphlet!< Und ich sage: bescheidene Fotografie. Es ist in Wahrheit schlimmer, es ist viel schlimmer.“
Kurt Tucholsky, „Mit Rute und Peitsche durch Preußen-Deutschland“, 1927.
Mit dem Humor der Aufklärung
„Hänschen Schlau
>Es ist doch sonderbar bestellt<,
sprach Hänschen Schlau zu Vetter Fritzen,
>Daß nur die Reichen in der Welt
Das meiste Geld besitzen.<“
Gotthold Ephraim Lessing, „Sinngedichte“, 1753-1771.
„Kriegstüchtig“ kommt von kriegslüstern, kriegslüstern kommt von geschäftstüchtig. Und: Geschäftstüchtig wird politisch bedient. So vulgär können schädliche Tatsachen sein.
Dieser unheilvolle Zusammenhang verlangt den Untertan auf allen Ebenen. Die mentale Formierung soll die aggressive Bescheidenheit erzwingen. Größenwahn und jämmerlicher Kleinstmut unter einem Dach. Heinrich Mann hat seinen Roman schon 1914 vor dem Ersten Weltkrieg verfaßt und konnte ihn erst in großer Zahl 1918 nach dem großen Kriege veröffentlichen.
Wolfgang Staudte hat das literarische Werk 1951 textnah und mit eindrucksvollen filmischen Mitteln sowie lebendiger Schauspielkunst in der DDR verfilmt. Eine ungekürzte Fassung konnte man in der BRD allerdings erst 1971 unzensiert sehen.
Die Hauptfigur ist der stets dogmatisch unterwürfige Diedrich Heßling, späterhin Erbe der Papierfabrik in dem fiktiven teutschen Provinzort Netzig. Den Kern seiner schädlichen Weltanschauung bilden Eigentum, Kirche, Familie und Vaterland. Schon als Kind denunziert er einen Mitschüler. Er verehrt die Macht, wendet sie auf andere an, zieht seinen Vorteil daraus – zum nicht geringen Nachteil der anderen. Trunkener Korpsstudent, entzieht er sich feige und bequem dem Militärdienst, ist ein autoritärer Fabrikherr, regiert ebenso die Familie, praktiziert in der Ehe eine hierarchisch-schmierige Romantik und agiert als korrupter Landtagsabgeordneter für „Kaiser und Vaterland“. Er vereinigt somit alle negativen gesellschaftlichen Eigenschaften bzw. materiellen Vorteile, die in hohem Maße kriegsbegünstigend waren. Die Darstellung in Roman (lesenswert!) und Film sind jedoch so entlarvend, daß einem das Lachen nicht im Halse steckenbleibt. Es befreit.
Diese Befreiung verweist auf die humane Alternative: Frieden, sozialer Fortschritt, demokratische Vitalität und ein besseres Leben in einer kooperativen Weltgemeinschaft mit einem gemeinschaftlich-rationalen Verhältnis zu den gesellschaftlichen und natürlichen Lebensbedingungen.
Laßt uns schauen, sprechen und heiter sein!
Filmsichtveranstaltung: „Der Untertan“
nach dem gleichnamigen Roman von Heinrich Mann
Regie: Wolfgang Staudte (DEFA 1951)
Mit einer Einführung zur historischen Einordnung und Aktualität
Montag, 16. Dezember 2024, 19 Uhr, „Syntagma”
(studentischer Raum im Durchgang von der Grindelallee zur Blattwerk-Mensa)