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Nun erst recht!
Nicht zulassen
„Der Historiker Niall Ferguson sprach unlängst von einem ›vibe shift‹, einem grundlegenden Stimmungswandel, der weite Teile der Welt erfasst habe. Gemeint ist die Rückkehr zu Sichtweisen, die im vergangenen halben Jahrhundert zumindest im Westen keine Konjunktur hatten: zuerst an die eigene Nation denken, mit Pathos zu heroischen Leistungen anzuspornen, Missstände unverblümt anzusprechen und kompromisslos zu beseitigen. (…) Gesellschaftspolitisch erlebt der Westen nicht weniger als ein Gegen-68, auch wenn das linke Erbe in Kulturbetrieben, Universitäten und vielen Redaktionsstuben noch eine Weile nachhallen dürfte. (…)
Riskant wird die weltanschauliche Rolle rückwärts, wo sie die internationale Ordnung erfasst. (…)
Das Recht des Stärkeren kehrt zurück, und damit die Kriegsgefahr. Deutschland und Europa sind auf diese neue Zeit denkbar schlecht vorbereitet.“
Jochen Buchsteiner, „Der Westen erlebt sein Gegen-68“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ („FAS“), 26.1.2025, S. 8.
Mittel zu besseren Zwecken
„Wer Chancengleichheit will, kommt an einem fiskalischen Werkzeug nicht vorbei: der Erbschaftssteuer. (…)
Im Bundestagswahlkampf zeigen sich klare Fronten: CDU/CSU, FDP und AfD fordern Entlastungen bis hin zur Abschaffung, SPD, Grüne, BSW und Linke wollen Erhöhungen, vor allem für hohe Vermögen. (…)
Die Erbschaftssteuer hat einen schlechten Ruf – zu Unrecht.“
Christian Schubert, „Die Vorzüge der Erbschaftssteuer“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ ( „FAS“), 26.1.2025, S. 18.
In Reifung
„Es gibt allerdings so weit meine Beobachtungen reichen, eine gewisse Altersklasse, die nicht zufrieden ist, es sind etwa die jungen Leute zwischen siebzehn und zwanzig. Also ganz junge Burschen, die die Tragweite des unbedeutendsten, wie erst gar eines revolutionären Gedankens nicht von der Ferne ahnen können. Und gerade unter ihnen schleicht sich die Unzufriedenheit ein.“
Franz Kafka, „Unser Städtchen liegt …“, 1920(!).
Der Sündenbock ist nach jüdischer Überlieferung – heutzutage aber eine weltliche Symbolik – ein Ziegenbock, dem stellvertretend alle Sünden der Bevölkerung oder eines Problemkreises übertragen werden und der damit in die Wüste geschickt wird. Diese Stelle kann auch einem Menschen oder ebenso Menschengruppen aufgeladen werden.
Friedrich Merz (CDU) hat jüngst anläßlich der jüngsten Gewalttaten in Aschaffenburg eine Welle des Rassismus entfacht, die eine Verschärfung von Grenzkontrollen, Zurückweisungen, Abschiebungen, Einschließungen sowie des Aufenthaltsrechtes bedeutet.
Damit nähert der stramme Konservative sich den menschenfeindlichen Vorstellungen und Absichten der AfD an, die diese Bewegung sofort begrüßt hat.
Nicht Kriege (Traumatisierung), Despotien und soziales Elend, überdies eine hiesige prekäre Lage seien das Problem, sondern das genuin Böse bestimmter ausländischer Menschengruppen. (Was nicht heißt, daß bei bestimmten, zumal harten Vergehen, nicht das Strafrecht Anwendung finden soll, egal woher jemand kommt.) Darüber hinaus will Merz die Gesetze zur Inneren Sicherheit verschärfen.
Hinzugenommen die weitere Kapitalbegünstigung (z.B. bei den Steuern und sogenannte Entbürokratisierung), das enge und strenge Familienbild und die weitere Steigerung von Aufrüstung und Kriegsbeteiligung, haben wir es mit einem gesteigerten Konter zu allen bisherigen Errungenschaften sozio-kultureller Art sowie bisherigen Friedens- und Abrüstungsbemühungen zu tun.
Dagegen sprechen grundlegend die Befreiung vom Faschismus, der Sinn des Grundgesetzes sowie die humanen Kategorien der UNO-Charta.
Ein in diesem Zusammenhang erinnernswerter Aufbruch ist gleichwohl mit dem symbolischen Datum „’68“ verbunden.
Aus der braunen Zeit von 1933–1945 sollten verbindliche friedliche, demokratische und soziale Konsequenzen gezogen werden. Das Engagement gegen den Vietnamkrieg, alte Eliten, für eine kritische Bildung, die soziale Öffnung der Hochschulen und last but not least für eine aufgeklärtere und freiere Lebensweise gehörten gleichfalls dazu.
Viele Elemente dieser internationalen Bewegung konnten so in Politik, Sozialstruktur und alltäglicher Lebensweise verwirklicht werden.
Ausdruck davon auf staatlicher Ebene war die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt (SPD) und Walter Scheel (FDP) von 1969–74.
Daran ist bewußt zu erinnern, um „das linke Erbe in Kulturbetrieben, Universitäten und vielen Redaktionsstuben“, aber auch in Gewerkschaften, Friedensbewegung, einigen Parteien, in Kunst und Kultur sowie in der betrieblichen und institutionellen Interessenvertretung wachzuhalten, neu zu entfachen bzw. für eine tatsächliche Verbesserung der gesellschaftlichen Lebensbedingungen erweitert wirksam zu machen.
Die Hochschulen haben darin einen bemerkenswerten Platz. Die Aufklärung kann konstruktiv mächtig sein. Wir erinnern uns.