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Es hakt.
Lösen!
„Ich glaube, mein Geist ist von aller Schlacke jetzt endlich gereinigt; meine Verse werden schöner werden, meine Bücher harmonischer. Das weiß ich, vor allem Unklaren und Unedlen, vor allem, was gemein und müffig ist, habe ich in diesem Augenblick einen wahren Abscheu.“
Heinrich Heine an seinen Verleger Julius Campe, 2. Juli 1835.
Am 24. September titelte das Hamburger Abendblatt: „Burn-out wird Epidemie“. Wissenschaftler und Krankenkassen geben warnend Auskunft darüber, daß etwa ein Fünftel der Bundesbürger ernsthaft „ausgebrannt“ ist. Arbeitsverdichtung, Leistungsdruck und ein Mangel an Kollegialität werden als häufigste Gründe dieser zu bekämpfenden Schwermut angegeben, aber auch, dass es sich oft um „besonders engagierte“ Einzelkämpfer handele (häufig: Lehrer, Pflegekräfte und Ärzte). Anstatt aber zu diskutieren, wie eine Gesellschaft solidarisch und die Arbeit sinnvoller und kooperativer wird, wird meist empfohlen: Treten Sie kürzer. Gönnen Sie sich mehr Privatleben (Ablenkung).
Solche Individualisierungen gesellschaftlicher Probleme – und damit ihre Verschärfung – sind symptomatisch für das Ancien Regime des Neoliberalismus. Nicht abgesehen davon, daß aufreibende Arbeit schädlich bleibt, auch wenn man sie in Richtung Freizeit flieht, liegt hier entweder ein Fall von Hilflosigkeit oder von Propaganda vor.
„Eigenverantwortung“: Dies war und ist von CSU bis SPD die Kampfparole, mit der das systemische Versagen der Industrie und Banken, der Märkte, der Manager sowie „wissenschaftlicher“ und medialer Meinungsmacher allen – je einzeln – in die Schuhe geschoben werden soll. – Auch die Teil-Privatisierung von Gesundheit, Bildung, Mobilität und sozialer Sicherung wurde so legitimiert.
Ausgebrannt sind unter diesen Bedingungen oft jene, die ihre Arbeit verantwortlich realisieren wollen, aber vereinzelt tätig sind. Das gemeinsame Engagement gegen Markt und Mangel und für allseitig nützliche und produktive Lebens- und Arbeitsverhältnisse ist deshalb die einzig sinnvolle Perspektive. Der unwürdige betriebswirtschaftliche Menschenverschleiß kann und muß solidarisch überwunden werden. Das ist auch Sinn und Reichweite des „Kampfes um die Zukunft“ der Hamburger Hochschulen.
Sicherlich – auch weiterhin geht es darum, jene ca. 15 Mio. Euro Kürzungen (in 2011), die durch nicht finanzierte Mehraufgaben der Universität entstehen, zurückzuweisen. Die für das WiSe 2012/13 dingfest gemachte Abschaffung der Studiengebühren erledigt dieses Problem nicht. (Der Staat zahlt ab dann lediglich wieder, was seit 2004 von Studierenden mühsam erbracht wurde.)
Vor allem geht es darum, daß eine Republik, die diesen Namen verdient, nach rationalen, humanen Maßstäben unter aktiver Teilhabe Aller gebaut werden muß – ganz anders als in den letzten 20 Jahren. Für die Universität als Lernrepublik läßt sich deshalb resümieren:
Sämtliche „modernen“ „Reformen“ – beispielsweise betriebswirtschaftliches Management statt demokratischer Selbstverwaltung und BaMa statt Lernen – das muß alles restlos überwunden werden.
Es hakt dabei an drei Stellen: 1) Es fehlt an Geld (bzw. es ist in Stadt und Land am falschen Platze mächtig konzentriert vorhanden). 2) Es fehlt im Rathaus an Konzept und Courage, um gegen das Desaster eine verbindliche Reformperspektive abzuleiten und 3) es fehlt an demokratischen Diskussionsprozessen, wie dadurch zugleich ein deutlicher Schritt in eine bessere Zukunft gelingt. Die Lösung dieser drei Hemmungen ist eine kollektive Angelegenheit der Universität.
Aufklärung ist in diesem Verständnis: Der Ausgang des Individuums aus seiner konkurrenzgedrückten Isolation. Solidarität ist Heilung.