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„Der dritte Mann“
„In den dreißiger Jahren unter den Borgias hat es nur Krieg gegeben, Terror, Mord und Blut, aber dafür gab es Michelangelo, Leonardo da Vinci und die Renaissance. In der Schweiz herrschte brüderliche Liebe, fünfhundert Jahre Demokratie und Frieden. Und was haben wir davon? Die Kuckucksuhr!“
Harry Lime (Orson Welles) zu Holly Martins (Joseph Cotton) im Film "Der dritte Mann", 1949.
„Me-ti sagte: Ein schlechtes Leben muß man mehr fürchten als den Tod. Ihr müßt vielleicht mitunter euer schlechtes Leben riskieren, um ein besseres zu gewinnen, aber den sicheren Tod sollt ihr niemals aufsuchen.“
Bertolt Brecht, „Verurteilung der Ethiken“, in: „Me-ti * Buch der Wendungen“, entstanden in den 1930 Jahren des Exils.
„›Der dritte Mann‹ wurde nicht geschrieben, um gelesen, sondern um gesehen zu werden.“ Mit diesem dichten Satz beginnt Graham Greene sein Vorwort zum gleichnamigen Roman, der ein Jahr nach dem Film veröffentlicht wurde.
Beide, der Film (ein Klassiker des „film noir“) und das literarische Werk, zeigen ein kontrastreiches Wien der unmittelbaren Nachkriegszeit, das von den Mächten der Anti-Hitler-Koalition (USA, UDSSR, Großbritannien) und Frankreich - nicht konfliktarm - verwaltet wird.
Der Alltag nach dem Zweiten Weltkrieg ist auch in Wien stark bestimmt vom Zurechtkommen in einer Trümmerwelt und dem Schwarzmarkt.
Der US-amerikanische und gutgläubige Western-Autor Holly Martins wird von seinem Freund in diese europäische Nachkriegswelt eingeladen.
Im Verlaufe der Handlung stellt sich mehr und mehr heraus, daß Harry Lime auf schädliche Weise mit gestrecktem Penicillin gehandelt hat. (Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.)
In dramatisch eindrucksvollen Szenen und Sequenzen - der Film erhielt 1951 einige Oscars - wird der Konflikt zwischen einerseits Gutgläubigkeit und Freundschaft und andererseits harter Realität und notwendiger moralischer bzw. praktischer Konsequenz deutlich entwickelt.
Harry Lime wird am Ende gestellt; die nachfolgende Entwicklung bleibt offen; weitere Schlußfolgerungen sind durch die Betrachtenden selbst zu ziehen.
Da die Geschichte nah an der Geschichte spielt, kann die filmische Erzählung als eine Parabel gesehen werden, durch deren Reflexion eine sinnvolle Orientierung ernsthaft und heiter gelingen kann.
Kunst bildet die Sinne.
Dazu wollen wir einladen.
Filmabend:
„Der dritte Mann“
ein Film von 1949 (GB) nach der Vorlage von Graham Green, Regie führte Carol Reed, in den Hauptrollen spielen Joseph Cotton den Holly Martins und Orson Welles den Harry Lime.
Eine Einführung zu Werk und Autor mit historischer Einordnung gibt
Dr. Wolfgang Beutin
Literaturwissenschaftler, Dozent und Autor.
am Mittwoch, den 23. November 2010, um 20.00 Uhr, im Raum 05, im Gebäude der Erziehungswissenschaft (PI), Von-Melle-Park 8.