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Für eine humanistische Wende!
„Zwanzig Jahre lang habe ich geglaubt, es sei Spaß. Es ist Ernst? Könnt ihr haben.“
Kurt Tucholsky, „Schnipsel“, Weltbühne, 30. Dezember 1930.
Als jüngst der Tory-Staatssekretär David Willetts die britische „Elite“-Schmiede Cambridge besuchte, um über die Idee der Universität zu sprechen, wurde er von Kommilitonen wortgewitzt abgehalten: „Die Universität ist kein Fahrzeug, daß hochfrisiert, ideologisch umgestimmt, intellektuell überholt, kosmetisch nachlakkiert und dann auf die Straße entsandt wird, wie irgendein schädlichen Dreck ausstoßende und die Luft verpestende Prunkmaschine der >Wissenswirtschaft<.“
Die F.A.Z., die von diesem Ereignis berichtete, muß einräumen, daß auch honorable Cambridge-Lehrende wie der Professor für „frühneuzeitliche Geistesgeschichte“ Howard Huston die Barbarei der Ökonomisierung anprangern: „Im Zeitlupentempo“ vollziehe sich „ein Staatsstreich der Unternehmer“ zur „Gleichschaltung“ der Universitäten.
Parallelen zu der verkorksenden Entwicklung der Hamburger Hochschulen in den letzten zehn Jahren sind nicht zu übersehen - der neoliberale Mainstream hat auch hier seine Spuren hinterlassen.
Dagegen hat das kritische Engagement Vieler in Hamburg anstelle einer kommerziellen Zurichtung eher eine widersprüchliche Entwicklung mit solidarisch befreienden Aktivitäten hervorgebracht. Nun befinden wir uns in einer neuen Etappe. In Kürze stehen hier also gemeinsame Herausforderungen für die Universität auf der Tagesordnung:
- die frühere Abschaffung der Studiengebühren,
- eine grundlegende Reform von „Ba“ und „Ma“ (ohne Angst, für kooperatives Lernen),
- die Entschärfung und Ablösung von STiNE,
- die Beseitigung wirtschaftlicher Einflußnahme, insbesondere des Hochschulrats,
- die gründliche Demokratisierung der Selbstverwaltung und des Uni-Alltags
- der kultivierte Ausbau der Universität im Grindel und
- wirklich bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung der staatlichen Hochschulen.
Besonders der letzte Punkt muß öffentlich argumentativ von allen Hochschulmitgliedern vorangetrieben werden:
Wenn nicht mehr rund 70 Prozent der Uni-Angestellten in Prekarität leben sollen, wenn auf die Gebührenfreiheit ein dem Bedarf angemessenes BAföG folgen soll,
wenn die Forschung nicht am Tropf Dritter hängen soll,
wenn also der Mangel und die Reibereien schwinden sollen,
dann muß die Universität engagierter, impulsgebender, heller, solidarischer Akteur der 99,9% der Bevölkerung sein, die nicht von der Errichtung einer europäischen Bankendiktatur profitieren.
Die Notwendigkeit, Wissenschaft, Politik und solidarisches Leben zu einer verbindenden Einheit zu entwikkeln ist groß. Die Universität ist dafür reich an Möglichkeiten. Kooperative Aufklärung und eine kritisches Engagement, das Kreise zieht, läßt Euro-Diktaten aller Art keine Chance.
Niemand soll im Schatten stehen.
Der Akademische Senat hat dafür in der Universität eine assoziierende Verantwortung.